Überlegungen zum Pacing am Beispiel „Hühnerberg“ beim Ironman Frankfurt

Vor einigen Jahren hab ich bereist am sogenannten „Hühnerberg“ auf der Strecke des Ironman Frankfurt einen Test absolviert und dabei die Dauer mit der geleisteten Leistung in Watt verglichen.

Ich habe nun diesen Test wiederholt und dabei die Laktatkonzentration am Ende des „Intervalls“ und die Tretökonomie mittels eines leomo.io Analysetools mit einbezogen.

Die Laktatabnahme erfolgte 1min nach Ende des jeweiligen Abschnitts, da ich immer erst das Gerät, Teststreifen und Stechhilfen aus der Rückentasche fummeln musste.

Mit dem Leomo-System können sog. Dead Spots innerhalb der Tretbewegung markiert werden. Dabei werden 5 Beschleunigungssensoren am Körper befestigt, 1 am Steißbein, 2 am Quadrizeps und 2 weitere Sensoren am Fuß. Die Sensoren am Fuß erkennen „Bremsbewegungen“ innerhalb der Tretbewegung, man erkennt dabei zum einen, ob die Sitzhöhe, Cleatposition, Kurbellänge und Kettenblatt richtig gewählt wurden und zum anderen, wie ökonomisch der Tritt innerhalb der 360Grad-Drehbewegung des Fußes erfolgt. Ich hab mittels Leomo an mir selbst feststellen können, dass die von mir jahrelang eingesetzten ovalen Kettenblätter von osymetric bzw. Rotor unwirksam gewesen sind. Ich hab zig Fahrten mit unterschiedlichen Blättern absolviert, mit dem Resultat, dass runde Standardkettenblätter die geringste Anzahl an Dead Spots gezeigt haben, ergo mein Tritt am effektivsten gewesen ist und somit die Kraftübertragung gleichmäßig verlaufen ist. Nach Umbau auf runde Blätter hab ich zu Beginn der Testphase noch einige Dead Spots in der Auswertung gesehen, die ich durch eine leicht Umstellung der Fußstellung abstellen konnte. 

 

Bildschirmfoto 2019-06-13 um 13.23.14

 

Doch zurück zum Hühnerberg, ich wollte mit dem Test erkennen, 

  1. wie groß der zeitliche Gewinn bei den jeweiligen Intensitäten ist
  2. wie unökonomisch der Tritt bei unterschiedlichen Intensitäten ist.
  3. welche Intensität noch tolerabel im Ironman wäre

Ergebnis

Hier meine Ergebnisse, die ich aus Scham über mein Körpergewicht in Watt pro kg Körpergewicht angegeben habe;-)

Da ich bedingt durch viele Jahre Ausdauersport eine recht niedrige Laktatbildungsrate habe, sind die Laktatwerte eher mit Vorsicht zu genießen. Die FTP und die daraus abgeleiteten Prozentzahlen sind eher auch eine Schätzung, da ich zuletzt weder Diagnostik noch einen FTP-Test absolviert habe.

 

Bildschirmfoto 2019-06-13 um 13.29.02

 

Basierend auf den ermittelten Werten und dem doch recht geringen zeitlichen Vorteil, würde ich an Hand dieses Beispiel eine Leistung von 3,65-3,75W pro kg für dieses Segment veranschlagen. Dabei hält sich die Kumulation des Laktats in Grenzen und die verlorene Zeit gegenüber dem Intervall mit der höchsten Intensität hält sich absolut im Rahmen. Da ich aktuell eher schlecht in Form bin, hätte ich kaum nach 4,3W normal weiterfahren können, sondern hätte recht lange gebraucht, im nachfolgenden Bergabteil und im Flachen das kumulierte Laktat abzubauen.

In der Leomo-Auswertung hat sich gezeigt, dass das Intervall mit 3,05W leicht unökonomischer als die anderen Segmente gewesen ist. Ich denke, dass ich durch das bereits einige Monate andauernde Nutzen des Leomo-Systems in unterschiedlichen Intensitätsbereichen in Sachen Tretökonomie schon recht fortgeschritten bin. Bei einem „Leomo-Anfänger“ dürften die Unterschiede deutlich gravierender ausfallen.

In den unten gezeigten Files sieht man

Pedal Stroke Intelligence (PSI)

Die Pedal Stroke Intelligence (PSI) kann dazu verwendet werden, Muster dabei zu analysieren, wie der Dead Spot Score von Leistung und Trittfrequenz beeinflusst wird. Jeder Punkt repräsentiert eine Stelle, an der der Dead Spot Score ungleichmäßig war sowie seine Leistung und Trittfrequenz zu jeder Zeit.

und

PCD-Karte – Power, Cadence, DSS (Leistung, Trittfrequenz, Dead Spot Score)

Zeigt die Häufigkeit von Totpunkten, die in jeder Leistungs- und Trittfrequenzzelle auftraten. Zellenfarbe: Rot = höhere Häufigkeit; Grün = geringere Häufigkeit. Zellen-Farbdeckkraft: Hohe Deckkraft = hohe Anzahl von Gesamtzyklen in der Aktivität; geringe Deckkraft = niedrige Anzahl von Gesamtzyklen in der Aktivität.

 

 

3,05W

250

3,31W

280

3,52W

Bildschirmfoto 2019-06-13 um 13.30.59

3,95W

330W

4,32W

400

Zusammenfassung:

Das Pacing auf der Langdistanz ist entscheidend und stellt neben dem „Energiemanagement“ eine wichtige Säule des Erfolgs dar. Tests wie dieser sollen zeigen, dass man mit etwas Köpfchen ein richtiges Maß an Ökonomie und einzugehendes Risiko abschätzen kann.

 

 

Zur besseren Darstellung hier nochmals als

pdf-Download

 

Beobachtungen/Conclusions zu den Rennen Kraichgau, Rapperswil etc.

Ich hab in den vergangenen beiden Tagen unzählige Files zu den o.g. Wettkämpfen gesichtet und Rückmeldung der Sportler im auszufüllenden Wettkampf-Feedbackbogen gelesen.

Dabei sind folgende Dinge mehrfach aufgetreten.

  • Streckenlänge Schwimmen Rapperswil im Mittel 2050m
  • Streckenlänge Laufen Kraichgau 20,8km
  • Garmin Vektor 3 äußerst fehlerhaft. Ich hab von sage und schreibe 12 Sportlern Rückmeldung bekommen, dass interessanterweise immer die Abnahme auf der rechten Seite ausgefallen ist.
  • Trinksysteme sollten so befestigt werden, dass diese nicht mitsamt der Eigenverpflegung verloren geht
  • Aerohelm: macht bei den plötzlich sehr heißen Temperaturen nur bedingt Sinn, wenn Sportler entweder generell hitzeempfindlich sind oder nicht zu den schnellsten auf zwei Rädern zählen. Kühlung und verminderter Anstieg der Körperkerntemperatur schlagen hierbei ganz klar vermeintliche Aerodynamikvorteile!!!
  • z.T. völlige Versteifung auf Zahlen, Splits etc. Die Sportart heißt immer noch Triathlon und nicht „schnellster Bike-Split“. Die Gesamtleistung zählt und nicht, wer auf dem Rad am schnellsten gewesen ist. Werden die Zahlen aus der Pacingvorgabe nicht erfüllt, beginnt bei einigen Sportlern das Kopfkino und das Zweifeln an der eigenen Leistungsstärke wird immer stärker. Stattdessen sollte jedoch erst in die Zäsur nach Überqueren der Finish line gegangen werden. Hochrechnungen, zwischenzeitliche Platzierungen und Splits etc. sind alles Makulatur und sollten wirklich erst nach dem Wettkampf bewertet werden, wenn man das Ergebnis im Kontext zu den Siegerzeiten, AK-Platzierungen etc verstehen kann!!!
  • leider z.T. gravierende Fehler und/oder zu laxer Umgang mit dem Thema Ernährung. Bin da etwas irritiert, denn eigentlich sind alle relevanten Infos für „meine“ Sportler abrufbar. Man müsste sich halt nur damit beschäftigen. Mehr dazu im gesonderten Teil unten

Fehler Ernährung:

  • die von Ironman bereitgestellten Gels von Enervit führen empirisch beobachtet zu auffällig häufigen Magen-Darm-Problemen
  • leider machen sich viele Sportler im Vorfeld zu wenige Gedanken zu ihrer Ernährungsstrategie. Wenn ich als Coach freitags, also 2 Tage vor dem Wettkampf zur Ernährung befragt werde, finde ich das schon etwas bedenklich, denn mit Fehlern in diesem Bereich werden durchaus auch mal zig Monate Training in die Tonne getreten
  • z.T. viel zu wenig KH auf dem Rad. Nach Rücksprache mit einigen Athleten und dem Zücken des Taschenrechners, bin ich teilweise auf 0,2-0,3gr KH pro Kilogramm Körpergewicht pro Stunde gekommen. Langsame Laufsplits sollten Sportler, die zu wenig auf dem Rad aufnehmen, nicht wirklich wundern. Ohne Mampf kein Dampf!
  • z.T. deutlich zu große Mengen an Wasser. Ich habe Mengenangaben bis zu 1,9l/h gesehen. Das ist definitiv zu viel und führt bei gleichzeitig zu geringer Salzkonzentration unweigerlich zum Zustand Hyponatriämie !!
  • die Herstellerangaben bzgl. Salz und Natrium auf den Gels etc. werden nicht differenziert betrachtet. Ein Gramm Natrium entspricht ca. 2,5Gramm Salz!!! Ergo wird leider immer wieder viel zu wenig Natrium aufgenommen. Nach Berechnung z.T. weniger als 250mg Na pro Stunde. Grade bei den Temperaturen am vergangenen Wochenende führt das unweigerlich zu einer ansteigenden Viskosität des Blutes, also zu einer deutlich größeren Herz-Kreislauf-Last! Ein Bestimmen der Natrium-Konzentration pro Liter verlorenem Schweiß und die Berechnung der sog. Sweat Rate können mehr als hilfreich sein.
  • für meinen Geschmack wird die Energie zu oft über Iso-Getränke seitens des Veranstalters gedeckt. Als Athlet weiß man aber nie, wie „spendabel“ der Helfer am Morgen gewesen ist, also mit welcher Menge an Getränkepulver das Gesöff angerührt wurde. Die KH-Menge kann demnach leider nur im Blindflug berechnet werden
  • KH-Gels sollten NICHT mit Iso verdünnt werden! Zucker mit Zucker zu verdünnen kann nicht funktionieren!!
  • teilweise wird die Energie aus unzähligen Quellen gedeckelt. Dabei werden Power-Gums, Riegel, Gels, Iso-Getränke etc. gleichzeitig eingesetzt. Ich bin eher der Meinung, dass man die Ernährung möglichst simpel gestalten sollte, also eine Energiequelle und Wasser nutzen sollte. Ich vergleiche das gerne mit einem geselligen Abend. Wer schon mal Bier, Wein und Spirituosen durcheinander getrunken hat, kennt die Auswirkungen davon.
  • meine große Bitte daher: macht euch Gedanken und testet in den verbleibenden Woche bis zu den Langdistanzen eure Strategie und wartet nicht bis zur Wettkampfwoche.

 

Analyse Ironman 70.3 Kraichgau 2019

Sommer wird es, wenn Kraichgau ist.

So einfach könnte man das vergangene Wochenende beschreiben.

Eine ähnliche Wettersituation gab es bereits in 2017. Damals, wie auch dieses Jahr, war es im Vorfeld nicht wirklich sommerlich und am Rennwochenende gab es eine plötzlich einsetzende  Hitzewelle. In 2018 war es im Vorfeld schon deutlich länger heiß, so dass sich die Athleten entsprechend adaptieren könnten.

In 2017 konnte ich damals schon feststellen, dass Athleten individuell unterschiedlich mit diesem Wetterumschwung zurechtgekommen sind. Damals, wie auch gestern, scheint das in erster Linie unabhängig vom Leistungsniveau der Athleten abzulaufen. Es gibt demnach auch Top-Age Grouper, die vermehrt Probleme mit dieser klimatischen Umstellung haben, allerdings fällt der zeitliche Abfall bei ihnen signifikant geringer aus als bei weniger starken Sportlern.

Generell ist es schwierig, Rennen miteinander zu vergleichen. Am Beispiel Kraichgau ist das jedoch recht gut machbar, denn die Strecken sind identisch und die Temperaturen in den letzten 3 Jahren waren ebenfalls gleich und vergleichbar.

Ich konnte in beide Richtungen, also deutliche Steigerungen und auch Einbrüche, beobachten. Woran das im Einzelnen gelegen hat, gilt es in den kommenden Tagen zu analysieren.

Gemäß der Farbskala der auf facebook veröffentlichten Wettkampfergebnisse, hab ich einen Vergleich 2017-2019 für den Ironman 70.3 Kraichgau erstellt.

Hierbei steht türkis für die höchste Anzahl, grün für den zweithöchsten Wert und blau für Rang 3.

 

Bildschirmfoto 2019-06-03 um 10.31.56

Be the best version of you!

Meld' dich unter info@sisu-training.de