Seit Jahren muss ich meine Vorstellungen bzgl der Off season verteidigen.
Gerade Anfänger haben große Angst, in eine Phase mit fehlendem Training an Leistung zu verlieren.
Die nachfolgenden Punkte sollen die wichtige Bedeutung der Off season verdeutlichen:
Im Training gesetzte Reize werden in nachfolgenden Ruhephasen im Körper verarbeitet und der Athlet passt sich nach und nach an ein höheres Niveau an (Prinzip der Superkompensation). Man kann durchaus sagen, dass Training bewusst provozierter Stress darstellt. Zu diesem Stress kommen dann zusätzlich weitere Stressoren in Form von Familie, Arbeit, Finanzen etc.
Age-Group-Sportler, aber auch Profis, müssen diese Fakoren in den Griff bekommen. Es kommt zu einem permanenten Abwägen, welcher Aspekt des Lebens gerade wichtig erscheint. Die Möglichkeiten, bewusst abzuschalten, nichts zu tun, einfach mal „abhängen“, werden immer mehr zur Rarität. Insbesondere dann, wenn wir diese Ruhezeiten am meisten brauchen, nämlich in den Phasen mit viel Trainingsvolumen und/oder hohen Intensitäten. Es kommt mangels ausreichender Ruhezeiten immer mehr zu einer kumulierten Ermüdung. Vor den Hauptwettkämpfen wird zwar getapert, aber der Stress durch den Wettkampf sorgt für eine weitere Ermüdung. Nach diesem Prinzip kippt das sensible Hormonsystem immer mehr ins Negative, das Stresshormon Cortisol übernimmt die Macht und das für die Regeneration und die Trainingsadaptationen so wichtige Testosteron nimmt ab. Wenn am Ende der Saison keine Pause eingelegt wird, wird sich diese hormonelle Dysbalance weiter verschlechtern, die Gefahr von Infekten steigt immens an und weitaus schlimmer, der sog. passive Bewegungsapparat (Bänder, Sehnen, Gelenke) bekommt keine Chance ,die über die Saison kumulierte Last abzubauen. Sportler, die sich vehement weigern, eine Zeitspanne mit Inaktivität einzubauen, laufen Gefahr, sich über kurz oder lang zu verletzen. Solche Verletzungen häufen sich, rein empirisch beobachtet, zwischen Mitte Januar und Mitte Februar.
Ähnlich des Prinzips der Superkompensation braucht es nach der Saison eine Phase, um sich vollständig zu erholen, um dann ein neues Leistungsniveau zu erreichen. Natürlich kommt es durch eine Phase von Inaktivität initial zu einem Leistungsverlust und der Sportler fühlt sich nach Wiederaufnahme des Trainings schlecht und leistungsfern. Das macht aber nichts, denn die Wettkämpfe sind in der Regel noch Monate entfernt, es besteht also noch mehr als ausreichend Zeit, die vermeintlich verlorene Leistung wieder wachzukitzeln. Ich bekomme immer wieder als Rückmeldung von Sportlern, dass sie sich nach den ersten 2-3 Wochen nach der Trainingspause frisch, ausgeruht und motorisch viel fitter fühlen.
Meine Empfehlungen zur Gestaltung einer Off season:
Mind. 2-3 Wochen komplettes Lösen vom Triathlon, also kein Schwimmen, Radfahren (auch keine lockere MTB-Ausfahrt) und Laufen. Stattdessen spielerisch auf alternative Bewegungen setzen. Wandern und Yoga (zur Entspannung, KEIN Power-Yoga) stellen sehr gute Optionen hierfür dar.
Doch nicht nur körperlich sollten sich Sportler mal bewusst vom Sport entsagen, sondern auch gedanklich. Viele Athleten machen den Fehler und nutzen die trainingsfreie Zeit, um sich in Theorie weiterhin mit dem Sport auseinanderzusetzen, doch dies führt nicht zur gewünschten mentalen Entspannung. Stattdessen sollte man sich mal den anderen Facetten des Lebens widmen, ins Kino gehen, lange Schlafen, ein Buch (KEIN Sportbuch!) lesen, mit Freunden feiern und durchaus auch mal die Nacht zum Tag machen. Ich vermeide es, Athleten in dieser Zeit zu kontaktieren, damit sie sich auch gedanklich von mir als Coach lösen.
In diesem Sinn, lasst mal Fünfe gerade sein!
Mario