Wearables im Schwimmtraining

Ich denke, wir sind uns alle einig darüber, dass die Technik Einzug im Triathlon gehalten hat. Die Bandbreite reicht von der Wattmessung fürs Laufen, Real time-Bewegungskontrollen mittels Leomo, Moxy Monitoren bis hin zu Smart Watches und Fitness Tracker, die unseren Alltag permanent screenen.

Doch leider wird dem Ganzen heute zu viel Aufmerksamkeit beigemessen, die Tools werden zu hoch in ihrem Nutzen eingeschätzt, insbesondere beim Thema Schwimmen.

Ich habe mich bereits in 2016 mal kritisch bzgl. der Uhren beim Schwimmen geäußert:

https://sisu-training.de/allgemein/triathlon-365409-garmin-beim-schwimmen/

Ich möchte das Ganze jedoch nochmals etwas näher erläutern, so dass kolportiertes Halbwissen zum Freiwasser-Schwimmen etwas entwaffnet wird.

Es gibt 5 Möglichkeiten, Schwimmgeschwindigkeiten zu steigern.

Untenstehende Tabelle (Quelle: Achim Schneider im Rahmen der DTU A-Lizenz Langdistanz) soll diese Möglichkeiten aufzeigen.

ZL steht hierbei für die Zuglänge, Fz für die Frequenz.

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Die meisten Uhren ermitteln den sog. SWOLF-Wert. SWOLF steht hierbei für Swim Golf, also eine Kombination aus geschwommener Zeit und Anzahl der Armzüge. Damit soll die Effizienz des Schwimmens gemessen werden. Je niedriger dieser Wert ist, desto besser soll die Effizienz (was auch immer das konkret bedeuten soll) sein. 

Hier die Links zu zwei namhaften Herstellern, deren Texte sich im Wortlaut fast gleichen.

https://support.polar.com/de/support/V800/swimming_metrics_pool_swimming

https://support.garmin.com/en-GB/?faq=8ms6votkT31TRIBfCVs9WA

Im Klartext bedeutet dies, entweder schneller zu schwimmen oder die Anzahl der Züge zu reduzieren. Da der Triathlet als Schwimm-Späteinsteiger i.d.R. Probleme mit dem schnellen Schwimmen hat, wird die Frequenz reduziert, um eben diesen SWOLF-Wert zu verbessern.

Die Vorstellung, man könne durchs Wasser gleiten, ist leider weit verbreitet, siehe u.a. auch https://www.triathlon-tipps.de/kraft_sparen_beim_kraulschwimmen_si_299.html 

Für das Freiwasserschwimmen ist das jedoch ein falscher Ansatz, denn durch Wellen, Strömungen und Gegnerkontakt dürfte ein Gleiten in Kombination mit der Tatsache, dass Wasser 880mal dichter als Luft ist, kaum möglich sein. Man sieht bei Overglidern keine gleichmäßige Vorwärtsbewegung, es ist ein kraftraubendes permanentes Be- und Entschleunigen.

Die meisten Triathleten lassen sich vom vermeintlich besseren SWOLF-Wert fehlleiten und arbeiten nur am Verlängern der Zuglänge und der Reduktion der Frequenz.

 

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Es konnte aber in einer Studie aus dem Jahr 2010 nachgewiesen werden, dass sich einige Parameter deutlich verschlechtern, wenn Sportler „gezwungen“ werden, ihre natürliche Armzugfrequenz zu verringern. Herzfrequenz, Sauerstoffbedarf und subjektive Wahrnehmung haben sich bei übersteigerter Reduktion der Zugfrequenz verschlechtert. 

 

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Basierend auf dieser Studie und meinen Erfahrungen aus 10000 Stunden am Beckenrand bedeutet SWOLF für mich ScheisseWeilOberLangsameFrequenz.

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Letztendlich sollte man die Messgenauigkeit der Uhren erwähnen. 

Hierzu eine Studie aus dem Jahr 2018, die eine Apple Watch mit einer Garmin Uhr verglichen hat.

https://www.researchgate.net/publication/326226457_Accuracy_of_swimming_wearable_watches_for_estimating_energy_expenditure

Ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass ein optischer HF-Messer am Handgelenk bei einer dynamischen Bewegung, bei der die Arme und somit auch die Uhr, mit hohen Geschwindigkeiten beschleunigt werden, sichere HF-Werte abbildet. Dazu muss die Uhr wohl ziemlich eng anliegen und ob man das als Schwimmer lange toleriert, wage ich zu bezweifeln. Wenn man sich Schwimmer im Training anschaut, sieht man an Hand der Hautrötung recht gut, in welchen Körperteilen mehr Durchblutung stattfindet und in welchen Regionen entsprechend weniger. Ich konnte noch nie eine Dunkelfärbung am Handgelenk feststellen. Von daher würd ich, wenn überhaupt notwendig, die HF immer mit den Fingern an der Halsschlagader, also ganz old school, ermitteln und mich nie auf die HF-Messung mittels Uhr beim Schwimmen verlassen. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass Blutgefäße in Richtung Peripherie an Durchmesser verlieren, der optische Sensor aber den Blutfluss bzw. die Pulswellen optisch ermittelt, kann man unterm Strich schon sagen, dass die Messgenauigkeit mit zunehmender Distanz vom Herzen abnimmt.

Als Fazit bleibe ich somit bei meiner Meinung aus 2016 und möchte gerne die Uhren aus dem Schwimmtraining verbannen. Ich bin durchaus ein Freund von Innovationen, in diesem Fall bleibe ich lieber old school.

 

 

Trainingsprioritäten Langdistanztraining im Winter

Untenstehendes Organigramm soll die Prioritäten im Training eines Langdistanzlers im Winter erklären. 

Am Ende einer Saison sollte man Stärken und Schwächen analysieren und daraus die richtigen Inhalte als Fahrplan für den Winter ableiten.

Erfahrungsgemäß fällt dies jedoch sehr vielen Sportler schwer, da nicht objektiv auf die Sache geschaut wird, sondern man sich zu sehr an Zahlen, Daten und Fakten im Sinne von Stunden und Kilometern orientiert.

Da in meinen Augen viel Potenzial in der Optimierung der Motorik, Bewegungsausführung und Ökonomisierung liegt, erklärt sich auch, dass im Winter nicht zwingend das Sammeln von Grundlagenkilometern für Jedermann oberste Priorität haben muss.

 

Trainingaprioritäten-01

Dinge, die einen Coach verstimmen

Unknown

 

(Quelle: sportbuzzer.de)

Ich bin in den letzten Wochen immer wieder gefragt worden, was mich als Coach auf die Palme zu bringen scheint.

Ich weiß zwar wirklich nicht, warum das Athleten interessiert, aber ich möchte da gerne Rede und Antwort stehen. Vielleicht haben sie Angst vor mir als Coach, was ich ziemlich merkwürdig fände, da diese

a) unbegründet ist

und

b) ich die Dinge, die mir mißfallen so oder so direkt anspreche.

Mangelnde Kommunikation

Nicht jeder Athlet ist von seiner Persönlichkeit von Haus aus eine „Plappertasche“ und das braucht auch keineswegs so zu sein. Allerdings sollte die Kommunikation von Athletenseite wenigstens die grundlegenden Dinge wie zur Verfügung stehendes Zeitbudget, Befindlichkeiten körperlicher und mentaler Natur und subjektives Empfinden der Trainingseinheit umfassen. Hierzu sind keine langen Prosatexte notwendig, kurze und knappe Infos sind dazu vollkommen ausreichend. Wenn ich von Sportlerseite „alleine gelassen werde“, wenig bis keine Rückmeldung bekomme und auch auf mehrfache Aufforderung meinerseits diesbezüglich wenig kommt, dann fühle ich mich schon verstimmt, weil ich das Gefühl habe, dass meine Arbeit nicht wertgeschätzt wird.

Pushy emails

Wenn ein Sportler an einem Freitag Abend um 22.30 eine Frage bzgl. des Rollwiderstands von bestimmten Reifen stellt und ich für mich denke, dass die Beantwortung durchaus bis Montag warten kann, ich dann aber von Freitag Abend bis Sonntag Abend 4 „friendly reminder“ bekomme, schalte ich auf stur. Ich stehe fast rund um die Uhr zur Verfügung und garantiere, innerhalb von 3 Stunden auf für den jeweiligen Trainingstag relevante Fragen zu antworten. Manche Dinge sind wirklich nicht kriegsentscheidend und haben Zeit!

Social media-Wahn

Wenn ich auf Strava, facebook oder Instagram ganz andere Dinge in Sachen Training oder Wettkampfbericht lese als im Trainingstagebuch niedergeschrieben, muss ich mich schon fragen, welche Vertrauensbasis eigentlich vorhanden ist. Schon mal darüber nachgedacht, warum die besten Athleten (mit Ausnahme der Norweger) selten Inhalte zu ihren Trainingseinheiten veröffentlichen?

Teilen von Trainingsplänen, Texten und Tabellen

Letztendlich „kauft“ ein Athlet meine Dienstleistung und Knowhow. Etwas unschön finde ich jedoch, wenn ich auf social media sehe, dass Freunde dieser Athleten tagesgenau permanent die gleichen Trainingseinheiten posten oder ich auf Texte/Artikel angesprochen werde, die exklusiv für die zahlenden Sportler bestimmt sind. Ganz besonders ärgerlich bzw. eigentlich peinlich finde ich, wenn Sportler auf einmal ihr eigenes Coaching-Business aufbauen und dabei gnadenlos Texte und Trainingseinheiten übernehmen und diese teilweise öffentlich zugänglich machen. Trainingseinheiten können nicht patentrechtlich geschützt werden, ich bin aber grade dabei, mich urheberrechtlich dahingehend juristisch beraten zu lassen. 

Zur Erinnerung: mich erfüllt meine Tätigkeit als Coach mit großer Erfüllung, aber am Ende ist es auch Business und ich muss 4 Kinder ernähren. Allerdings scheint im Sport immer noch die Meinung vorzuherrschen, dass man sich alles erlauben kann.

Vorhaltungen in Sachen Trainingskonzept

Als verantwortungsbewusster Trainer hinterfrage ich mich bzw. das angewandte Trainingskonzept permanent und justiere da regelmäßig an den jeweiligen Stellschrauben. Das impliziert nicht, dass ich der Weisheit letzter Schluss wäre und fehlerfrei bin. Man darf und soll mich durchaus hinterfragen. Ich kann es jedoch nicht sonderlich gut leiden, wenn nach Besprechung des Konzepts permanente Einwände kommen, weil der Sportler von Trainingspartnern, social media, Magazinen etc. andere Konzepte für besser empfindet. Am Ende bin ich trotz Diskussions- und Kompromisbereitschaft derjenige, der „das Sagen“ hat, denn ansonsten braucht man auch keinen Trainer zu konsultieren. Die Erfahrung der letzten 15 Jahre zeigt mir, dass sich Leistungsentwicklungen nur dann ergeben, wenn ein beiderseitiges Vertrauen vorhanden ist.

Großzügige Interpretation des Plans

Einen gewissen Freiraum halte ich für Athleten bereit, doch wenn der Trainingsplan zu kreativ interpretiert wird, frage ich mich auch hier, warum man mich als Trainer beauftragt. Hierzu zählt auch, dass man bei Tempoeinheiten das Tempo großzügig übersteigert. Intervalle stehen lediglich für die angewandte Methodik und bedeuten nicht, dass man jedes Mal Erbrochenes im Hals stehen haben oder Sternchen sehen muss. Ein permanent deutliches Steigern der Volumina um über 10% des geplanten Umfangs wäre auch nicht begrüßenswert. Bei einigen Athleten rechne ich den „Schwanzvergleichs-Aufschlag“ von vorneherein ein, wenn ich den Plan erstelle.

Ungeduld

Erfolge stellen sich nicht über Nacht ein. Die Suche nach der Abkürzung zum Erfolg ist vergebene Liebesmüh, denn es gibt sie nicht. Triathlon ist Ausdauersport, hierzu braucht es nicht nur physische Ausdauer, sondern auch mentale Ausdauer, sprich Geduld.

Fazit:

Wenn man sich als Athlet fragt, was man von einem Coach erwartet, sollten sich die o.g. Dinge eigentlich, wie ich finde, verselbständigen, oder?

 

 

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