Energiestoffwechsel in der Hitze: Warum wir mehr Kohlenhydrate verbrennen und was das für Training & Wettkampf bedeutet

1. Verschiebung im Energiestoffwechsel: Kohlenhydrate vs. Fette

Bei Belastung in heißer Umgebung verändert sich die Substratnutzung deutlich:

• Mehr Kohlenhydrate: Studien zeigen, dass Athlet:innen bei gleicher absoluter Leistung in der Hitze stärker auf Muskelglykogen und Blutglukose zurückgreifen.

• Weniger Fette: Die Fettverbrennung sinkt, da sowohl die Lipolyse (Fettsäurefreisetzung) als auch die Fettsäureoxidation gedrosselt werden. Gründe sind eine verminderte Durchblutung des Fettgewebes und Hemmungen in den Transport- und Oxidationswegen.

Ursächlich dafür ist unter anderem ein Anstieg der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin, die die Kohlenhydratverbrennung über Glykolyse und Glykogenolyse ankurbeln.

2. Mechanismen hinter der Verschiebung

Mehrere Faktoren erklären, warum sich die Energiebereitstellung in der Hitze in Richtung Kohlenhydrate verschiebt:

• Sauerstoffökonomie: Fettverbrennung benötigt mehr Sauerstoff pro ATP als Kohlenhydratverbrennung. Da Haut und Muskulatur in der Hitze stärker durchblutet werden müssen, ist Kohlenhydratoxidation „effizienter“.

• Carnitin-Hemmung: Durch die erhöhte Azidose infolge gesteigerter Glykolyse steht weniger Carnitin für den Transport von Fettsäuren in die Mitochondrien zur Verfügung.

• Hormonelle Effekte: Höhere Katecholaminspiegel fördern Glykogenabbau und Glukoseaufnahme. Gleichzeitig kann das Insulin bei submaximaler Belastung relativ höher sein und so die Fettmobilisierung zusätzlich hemmen.

3. Folgen für die Leistungsfähigkeit

Die Verschiebung hat direkte Konsequenzen:

• Schnellerer Glykogenverbrauch → frühere Ermüdung.

• Weniger Nutzung der Fettreserven → geringere Ausdauer bei moderat-hoher Intensität.

• Praktische Bedeutung: Eine angepasste Kohlenhydratzufuhr vor und während des Trainings oder Wettkampfs wird in der Hitze noch wichtiger.

4. Anpassung durch Hitzeakklimation

Wiederholtes Training in der Hitze führt zu Anpassungen:

• Die Abhängigkeit von Kohlenhydraten sinkt, die Fettverbrennung verbessert sich wieder (Glykogen-Sparing).

• Verantwortlich dafür sind u. a. ein vergrößertes Plasmavolumen, eine stabilere Kreislaufregulation und eine geringere Stresshormonreaktion.

5. Praktische Implikationen für die Kohlenhydratzufuhr

Daten zeigen, dass der Kohlenhydratverbrauch in der Hitze bei gleicher Leistung ansteigt, insbesondere bei mittlerer bis hoher Intensität.

Soll man deshalb die Zufuhr im Rennen deutlich erhöhen?

• Nein, nicht zwingend.

• Wer hitzeakklimatisiert ist, hat sich auch metabolisch angepasst und benötigt nicht unbedingt mehr Kohlenhydrate.

• Wer nicht akklimatisiert ist, tritt in der Hitze meist weniger absolute Leistung → der Gesamtenergieumsatz ist geringer.

Empfehlung:

• Kohlenhydratzufuhr in der Hitze nicht reduzieren, auch wenn man langsamer fährt.

• Eine moderate Erhöhung um +5–15 g KH pro Stunde kann sinnvoll sein.

6. Physiologische Hintergründe im Detail

Warum steigt die Kohlenhydratnutzung bei nicht akklimatisierten Personen?

1. Adrenalin-Effekt: Hitzestress erhöht die Adrenalinkonzentration, was den Kohlenhydratstoffwechsel stimuliert.

2. Blutflussumverteilung: Mehr Blut wird zur Haut geleitet, weniger zur Muskulatur. Das reduziert den Substrat- und Sauerstofftransport in die Muskeln und fördert die Glykogenolyse sowie den Pyruvat-Laktat-Stoffwechsel.

Zusammenfassung

Bei Belastung in heißer Umgebung verschiebt sich der Energiestoffwechsel zugunsten der Kohlenhydratverbrennung. Hauptursachen sind eine gesteigerte Stresshormonantwort, limitierte Sauerstoffverfügbarkeit, Carnitin-Hemmung und veränderter Blutfluss. Dies führt zu schnellerer Glykogenentleerung und frühzeitiger Ermüdung.

Mit gezielter Hitzeakklimation lässt sich diese Belastung abmildern. In der Praxis bedeutet das: Kohlenhydratzufuhr in der Hitze leicht erhöhen, aber nicht übertreiben.

Quelle: Maunder E, Plews DJ, Merien F, Kilding AE. Exercise intensity regulates the effect of heat stress on substrate oxidation rates during exercise. Eur J Sport Sci. 2020 Aug;20(7):935-943.

 

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