Schnelleres Laufen durch Schwimmtraining?

Ich beobachte seit einigen Jahren, dass AthletInnen mit starker Schwimmleistung oft auch überdurchschnittlich gute Laufleistungen zeigen, obwohl die Sportarten scheinbar völlig unterschiedlich sind und auf den ersten Blick so gar nix gemeinsam haben.

Woran liegt das?

Das hängt wesentlich mit der Atemmuskulatur (v. a. dem Diaphragma), der Rumpfstabilität und der ökonomischen Ermüdungsresistenz zusammen.

Hier meine Erklärung dazu im Detail:

1. Diaphragma und Atemmuskulatur

Das Zwerchfell (Diaphragma) ist der wichtigste Atemmuskel. Beim Schwimmen wird es — anders als beim Laufen oder Radfahren — rhythmisch, gegen erhöhten Atemwiderstand und unter Druckbedingungen trainiert:

  • Beim Einatmen unter Wasser muss der Athlet gegen den Wasserdruck Luft ansaugen.
  • Dadurch arbeitet das Zwerchfell kräftiger und kontrollierter, was zu einer höheren Ausdauer und Kraft der Atemmuskulatur führt.
  • Beim Ausatmen unter Wasser erfolgt der Atemstoß aktiv, nicht passiv wie an Land – das bedeutet ein zusätzliches Kraft- und Koordinationstraining der Atemhilfsmuskulatur (Interkostalmuskeln, Bauchmuskulatur).

Effekt: TriathletInnen entwickeln beim Schwimmen eine stärkere, ermüdungsresistentere Atemmuskulatur.

Für das Laufen bedeutet das konkret:

  • geringere Atemarbeit → geringerer Energieverbrauch für die Atmung,
  • geringere ventilatorische Ermüdung,
  • weniger Konkurrenz zwischen Atem- und Beinmuskulatur um Sauerstoff.

 2. Rumpfstabilität und neuromuskuläre Kontrolle

Schwimmen erfordert eine hohe Stabilität des Rumpfes – um eine gestreckte Wasserlage zu halten, Bewegungen effizient zu übertragen und Rotationen kontrolliert zu steuern.

  • Besonders tiefe Rumpfmuskeln (Transversus abdominis, Multifidi, Diaphragma) arbeiten isometrisch und koordinativ abgestimmt.
  • Diese Muskeln bilden eine funktionelle Einheit mit der Atemmuskulatur.
  • Eine gute Rumpfstabilität reduziert beim Laufen vertikale Bewegungsverluste, verbessert die Körperhaltung und damit die Laufökonomie.

Effekt: AthletInnen mit guter Schwimmform haben oft eine „kernstabile“ Basis, die ihnen im Lauf zugutekommt – sie können ihre Laufbewegung länger effizient halten, ohne dass die Haltung kollabiert.

3. Später einsetzende Ermüdung der Atemmuskulatur

Bei Lanzeitausdauerbelastungen kann die Atemmuskulatur mit zunehmender Dauer ermüden, was reflektorisch eine Minderdurchblutung der Beinmuskulatur auslöst („Metaboreflex“).

Das passiert, weil der Körper den Atemmuskeln Vorrang bei der Sauerstoffversorgung gibt.

  • AthletInnen, deren Atemmuskulatur trainierter und belastbarer ist, erleben diesen Effekt später oder schwächer.
  • Dadurch bleibt mehr Durchblutung und Sauerstoff für die Beine beim Laufen übrig → spätere Ermüdung, stabilere Laufleistung.

Effekt: Eine gute Schwimmform „schützt“ indirekt die Laufleistung über eine verzögerte Atemmuskelermüdung.

4. Ehemalige SchwimmerInnen sind jedoch per se keine besseren Läufer

Die Downside für ehemalige SchwimmerInnen ist jedoch die oft fehlende Stabilität im Sprunggelenk durch z.T. übertriebenes Dehnen des Fusses hin zur maximalen Streckung, um möglichst wenig Widerstand (Stichwort: „Schürhaken-Fuß“) zu erzeugen. Fehlende Stoßbelastungen durch Training in der „Fast-Schwerelosigkeit“ und somit eine ausbleibende orthopädische Robustheit wirken sich hinsichtlich der Laufökonomie ungünstig aus.

Fazit:

Eine gute Schwimmform bedeutet nicht nur starke Arme – sie zeigt eine robuste, koordinierte und ausdauernde zentrale Körper- und Atemmuskulatur.

Diese überträgt sich direkt auf das Laufen: bessere Laufökonomie, geringere Atembelastung und spätere Ermüdung. Der Transfereffekt vom Schwimmen für das Laufen ist nicht von der Hand zu weisen. Es gibt immer wieder SportlerInnen, die das Schwimmtraining mit dem Argument verweigern, dass eine paar Minuten langsamere Schwimmzeit „den Bock nicht fett macht“. Vielleicht sollten sich diese mit den Zeilen angesprochen fühlen und ihre Gedanken nochmals sortieren.

Lange Haare vs. kurze Haare. Macht das bei Hitze einen Unterschied?

Der Ironman Hawaii 2025 ist Geschichte. Die Wetterbedingungen waren wieder einmal extremer als in den letzten Jahren, die sehr hohe Luftfeuchtigkeit in Kombination mit der Sonneneinstrahlung und den hohen Temperaturen haben den Athletinnen ziemlich viel abverlangt.

Als ich am Samstag gemütlich auf dem Sofa sitzend das Rennen verfolgt habe, kam für mich eine Frage auf, die ich bisher nie so recht auf dem Schirm hatte.

Sind Menschen mit langen Haaren evtl. im Nachteil gegenüber TrägerInnen einer Kurzhaarfrisur?

Das Ganze hat mich so beschäftigt, dass ich am folgenden Tag mal recherchiert habe, was die Wissenschaft dazu zu sagen hat.

Here we go:

Lange Haare haben keinen nennenswerten Einfluss auf die Körperkerntemperatur im Ausdauersport bei Hitze, sofern sie nicht stark die Wärmeabgabe behindern (z. B. bei dichten Frisuren, Kopfbedeckungen oder bei fehlender Luftbewegung).

Der entscheidende Faktor ist die Effizienz der Wärmeabgabe über die Haut und die Verdunstung des Schweißes, nicht die Haarlänge selbst.

Hintergrund: Thermoregulation im Sport

Beim Ausdauertraining in Hitze wird die Körperkerntemperatur durch folgende Mechanismen beeinflusst:

1. Metabolische Wärmeproduktion (abhängig von Intensität und Körpermasse)

2. Wärmeabgabe durch:

Konvektion (Wärmeaustausch mit der Umgebungsluft), Konduktion (Wärmeaustausch mit Materialen) und Evaporation (Verdunstung des Schweißes auf der Hautoberfläche) – der wichtigste Faktor bei Hitze

Einfluss der Haarlänge

• Kopfhaare dienen als Hitzeschutz: Sie reduzieren die Wärmeeinstrahlung (UV- und Infrarotstrahlung) auf die Kopfhaut.

Vorteil bei direkter Sonne, da weniger Wärme in den Schädel gelangt.

• Aber: Haare können die Verdunstung von Schweiß behindern, besonders bei dichtem, nassem Haar oder wenn der Schweiß nicht abfließen kann.

Nachteil bei sehr feuchtem, windstillem Klima.

Forschungslage

• Studien (z. B. Cabanac & Brinnel, J Appl Physiol, 1985; Katsuura et al., Eur J Appl Physiol, 1990) zeigen:

• Bedeckter oder behaarter Kopf kann kurzfristig die lokale Hauttemperatur erhöhen, aber die Körperkerntemperatur bleibt weitgehend unverändert.

• Haare wirken teils isolierend (verhindern Wärmeeinstrahlung), teils hemmend (bei Schweißverdunstung) – der Nettoeffekt ist meist gering.

• Praktisch relevant wird das erst bei langen, dichten Haaren, die den Luftfluss blockieren oder wenn Helm/Kappe + Haare kombiniert werden → dann kann die lokale Wärmeabgabe stärker beeinträchtigt sein.

Praxisempfehlung

• Lange Haare zusammenbinden oder flechten, um Luftzirkulation an der Kopfhaut zu ermöglichen.

• Kopfbedeckung nur, wenn sie atmungsaktiv ist und Sonnenschutz nötig ist.

• Bei feuchtheißem Klima ggf. Haare feucht halten oder kurz tragen, wenn sie die Verdunstung stark behindern.

Subjektive Wahrnehmung der Hitze bei kurzen Haaren

Menschen mit kurzen Haaren berichten häufiger, dass sie sich „heißer“ fühlen, insbesondere bei direkter Sonneneinstrahlung. Dafür gibt es mehrere Gründe:

1. Direkte Sonneneinstrahlung auf die Kopfhaut

Ohne die isolierende Schutzschicht langer Haare gelangt mehr Strahlungswärme direkt auf die Haut.

→ Das führt zu einem stärkeren Hitzegefühl, vor allem bei intensiver Sonne oder hellem Hauttyp.

2. Höhere Hauttemperaturwahrnehmung

Kurze Haare bedecken die Schweißdrüsen und Nervenendigungen der Kopfhaut weniger.

→ Der Temperaturunterschied wird sensorisch intensiver wahrgenommen, selbst wenn die Kerntemperatur stabil bleibt.

3. Erhöhte Schweißverdunstung = stärkeres Kühlgefühl

Der Vorteil: Durch die effizientere Verdunstung des Schweißes bei kurzen Haaren fühlt sich der Kopf schneller „abgekühlt“ an, sobald Wind oder Bewegung dazukommen.

→ Dieses Wechselspiel (heiß in der Sonne, kühl im Fahrtwind) führt zu stärkeren Temperaturschwankungen in der Wahrnehmung.

4. Psychologischer Einfluss (Hitzeempfindung durch Luftzug)

Kurze Haare lassen den Wind direkter spürbar werden. Viele empfinden das als angenehm und kühlend, was die subjektive Hitzebelastung senken kann – auch wenn die Kerntemperatur gleich bleibt.

Kurz gesagt

Objektiv: Kein relevanter Unterschied in der Körperkerntemperatur zwischen langen und kurzen Haaren.

Subjektiv: Kurze Haare → oft mehr Hitzewahrnehmung unter Sonne, aber bessere Kühlung bei Bewegung oder Wind. Lange Haare → konstanteres Wärmeempfinden, da die Kopfhaut isoliert ist, dafür langsameres Abkühlen.

Fazit

Die Haarlänge beeinflusst die Körperkerntemperatur bei Ausdauerbelastung in Hitze nur minimal.

Wichtiger sind: Luftzirkulation, Feuchtigkeit, Kopfbedeckung, Sonneneinstrahlung und individuelle Schweißrate.

Quellen:

– Cabanac, M. & Brinnel, H. (1985). [Thermal comfort and the mean skin temperature in man](https://doi.org/10.1152/jappl.1985.58.5.1637). *J Appl Physiol, 58*(5), 1637–1642.

– Katsuura, T. et al. (1990). [Influence of hair on heat balance of the human head during exposure to radiant heat](https://doi.org/10.1007/BF00713527). *Eur J Appl Physiol*, 60(5), 367–370.

– Shibasaki, M. & Crandall, C. G. (2010). [Mechanisms and controllers of eccrine sweating in humans](https://doi.org/10.2741/s85). *Front Biosci (Schol Ed)*, 2, 685–696.

– Havenith, G. et al. (2011). [Human clothing and thermophysiological comfort](https://doi.org/10.1080/00140139.2011.595695). *Ergonomics*, 54(8), 817–827.

– Zhang, H. et al. (2010). [Thermal sensation and comfort in transient non-uniform thermal environments](https://doi.org/10.1007/s00421-010-1454-0). *Eur J Appl Physiol*, 109(6), 1207–1215.

– Moran, D. S. & Pandolf, K. B. (1999). [Wet-bulb globe temperature (WBGT)—to what extent is it a universal measure of heat stress?](https://doi.org/10.1016/S0306-4565(98)00053-5). *J Therm Biol*, 24(1–2), 7–14.

– González-Alonso, J. et al. (1999). [Influence of body temperature on the development of fatigue during prolonged exercise in the heat](https://doi.org/10.1152/jappl.1999.86.3.1032). *J Appl Physiol*, 86(3), 1032–1039.

– Nybo, L. & Nielsen, B. (2001). [Hyperthermia and central fatigue during prolonged exercise in humans](https://doi.org/10.1152/jappl.2001.91.3.1055). *J Appl Physiol*, 91(3), 1055–1060.

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