Fingerpaddles im Schwimmtraining für Triathleten – sinnvolles Techniktool oder trügerische Hilfe?

Fingerpaddles im Schwimmtraining für Triathleten – sinnvolles Techniktool oder trügerische Hilfe?

Fingerpaddles erfreuen sich im Schwimmtraining von Triathleten zunehmender Beliebtheit. Sie sind klein, leicht, scheinbar schonend für Schulter und Ellbogen und sollen gezielt die Wasserlage der Hand verbessern. Doch bei genauerer Betrachtung erfüllen sie viele dieser Versprechen nur bedingt – und können technische Fehler sogar verstärken, statt sie zu korrigieren.

Dieser Artikel beleuchtet kritisch, was Fingerpaddles tatsächlich bewirken, wo ihre Grenzen liegen und wie sie sich im Vergleich zu klassischen Handpaddles schlagen.

Was sind Fingerpaddles – und was sollen sie bewirken?

Fingerpaddles liegen ausschließlich über den Fingern, nicht jedoch über der gesamten Handfläche. Die Idee dahinter:

Der Schwimmer soll „mehr Gefühl für das Wasser“ entwickeln und lernen, Druck besser über die Finger aufzubauen.

Die beworbenen Effekte:

•Verbesserte Wahrnehmung der Wasserlage

•Förderung einer sauberen Druckphase

•Geringere Belastung für Schultern als bei großen Paddles

•Technikfokussierter Einsatz statt Krafttraining

Klingt gut – in der Praxis sieht das jedoch differenzierter aus.

Das zentrale Problem: Fingerpaddles fördern falsche Handgelenkstellungen

Ein entscheidender Schwachpunkt von Fingerpaddles liegt in ihrer biomechanischen Wirkung auf das Handgelenk.

Sie fördern das Abknicken – statt es zu verhindern!!!

Statt eine stabile, neutrale Handhaltung zu unterstützen, begünstigen Fingerpaddles oft:

•das Abknicken des Handgelenks nach hinten

•eine passive Druckführung

•den Kraftansatz über die Finger statt über Unterarm und Handfläche

Da der Widerstand ausschließlich an den Fingern angreift, entsteht ein unnatürlicher Hebel, der das Handgelenk in die Überstreckung zwingt. Der Athlet hat das Gefühl, „Wasser zu greifen“, trainiert aber tatsächlich eine mechanisch ungünstige Position.

Das Ergebnis:

•Fehlbelastung des Gelenks

•geringerer Effekt für den Vortrieb

•erhöhtes Risiko für Sehnen- und Gelenkprobleme im Dauertraining

•Übertragung einer schlechten Technik in das Paddles-freie Schwimmen

Kurz gesagt:

Fingerpaddles fördern nicht die korrekte Armzugmechanik – sie können sie verfälschen.

Für Triathleten besonders problematisch, denn Triathleten haben meist:

•begrenzte Zeit für Techniktraining

•schwächere wasserbezogene Muskulatur

•weniger Routine im Wasser als reine Schwimmer

•höhere Verletzungsanfälligkeit durch hohe Gesamtbelastung

Gerade deshalb benötigen sie saubere Bewegungsmuster und Tools, die Korrektheit fördern – nicht Kompensation. 

Fingerpaddles hingegen:

•suggerieren Technikverbesserung ohne echte Korrektur

•kaschieren strukturelle Defizite

•fördern ineffiziente Zugmuster

Für Technikarbeit sind daher sinnvoller:

•Sculling-Drills

•Einarmübungen

•Paddles mit kleiner Fläche

•Technikschwimmen ohne Hilfsmittel

•Videoanalyse oder Trainerfeedback

Fazit: Fingerpaddles sind kein ideales Werkzeug für Techniktraining

Auch wenn Fingerpaddles populär sind und sich „leicht“ anfühlen – ihr Nutzen ist begrenzt und ihr Risiko nicht zu unterschätzen.

Kritische Schlussbewertung:

•Sie verhindern kein Abknicken des Handgelenks – sie fördern es

•Sie verbessern das Wassergefühl nicht zwangsläufig

•Sie ersetzen kein echtes Techniktraining

•Sie liefern ein falsches Bewegungsfeedback

•Ihr Effekt ist mehr Illusion als Leistungsfaktor

Für Triathleten, die ökonomisch, stabil und verletzungsfrei schwimmen wollen, sind sie daher kein empfohlenes Trainingswerkzeug.

Deutlich sinnvoller:

•klassisch kleine Handpaddles

•Technikdrills ohne Hilfsmittel

•gezielte Wasserlageübungen

•saubere Kraftübertragung über Unterarm und Handfläche

Fingerpaddles im Brustschwimmen – eingeschränkt sinnvoll

Wenn Fingerpaddles überhaupt sinnvoll einsetzbar sind, dann eher im Brustschwimmen. Dort ist ein stärker angewinkeltes Handgelenk Teil der Technik, sodass die durch Fingerpaddles begünstigte Stellung weniger problematisch ist als im Kraul. Der Widerstand an den Fingern kann helfen, den Druck nach außen besser zu spüren.

Dennoch gilt auch hier: Fingerpaddles fördern kein sauberes Technikbild und ersetzen kein strukturiertes Techniktraining. Ihr Nutzen bleibt begrenzt und sollte nur ergänzend gesehen werden.

 

Studienlage zu Fingerpaddles

Leider gibt es keine wissenschaftlichen Arbeiten, die sich explizit mit dem Thema Fingerpaddles beschäftigen, so dass meine Beobachtungen hierzu erfahrungbasierte Beobachtungen aus fast 10000 Stunden Arbeit seit 2004 am Beckenrand primär mit Age Group-Triathleten sind.

Weiterführende Quellen zu Paddles im Kraulschwimmen:

Gourgoulis, V., Boli, A., Aggeloussis, N., Toubekis, A., Antoniou, P., Kasimatis, P., & Mavromatis, G. (2008).
Hand orientation in hand paddle swimming. International Journal of Sports Medicine, 29(5), 429–434. https://doi.org/10.1055/s-2007-965337

Gourgoulis, V., Aggeloussis, N., Mavromatis, G., & Garas, A. (2006).
Effect of two different sized hand paddles on the front crawl stroke kinematics. Journal of Sports Medicine and Physical Fitness, 46(2), 232–237.

Payton, C. J., & Lauder, M. A. (1995).
The influence of hand paddles on the kinematics of front crawl swimming. Journal of Human Movement Studies, 28, 175–192.

Lauder, M. A., Dabnichki, P., & Bartlett, R. M. (2001).
Improved accuracy and reliability of sweepback angle, pitch angle and hand velocity calculations in swimming. Journal of Biomechanics, 34(11), 1459–1466. https://doi.org/10.1016/S0021-9290(01)00122-2

de Matos, C. C., Barbosa, T. M., Daly, D., & Costa, M. J. (2023).
Effects of paddles and fins on front crawl kinematics, arm stroke efficiency, coordination, and estimated energy cost. Frontiers in Physiology, 14, 10240615. https://doi.org/10.3389/fphys.2023.10240615

Espinosa, D., Arellano, R., Sánchez-Molina, J., & Cuenca-Fernández, F. (2025).
Swimming performance with fins, hand paddles, and no equipment. Comptes Rendus Biologies. (Advance online publication)

Matos, C. C., Barbosa, T. M., & Costa, M. J. (2013).
The use of hand paddles and fins in front crawl: A literature review. Revista Brasileira de Cineantropometria & Desempenho Humano, 15(5), 653–664.

Lauder, M. A. (2009).
Asymmetry in front crawl swimming with and without hand paddles. In Biomechanics and Medicine in Swimming XI (pp. 158–161). Norwegian School of Sport Sciences.

Samson, M., Deschodt, V., Bernard, A., Monnet, T., Lacouture, P., & David, L. (2015).
Kinematic hand parameters in front crawl at different paces. Journal of Biomechanics, 48(12), 3874–3880. https://doi.org/10.1016/j.jbiomech.2015.09.007

Koga, D., Kubo, Y., Ikeda, S., & Homma, M. (2022).
Relationship between hand kinematics, hydrodynamic pressure distribution, and hand propulsive force in front crawl. Frontiers in Sports and Active Living, 4, 899375. https://doi.org/10.3389/fspor.2022.899375

Gourgoulis, V., Aggeloussis, N., Toubekis, A., Antoniou, P., & Mavromatis, G. (2010).
Kinematic characteristics of the stroke and orientation of the hand during front crawl resisted swimming. Journal of Sports Sciences, 28(11), 1179–1188. https://doi.org/10.1080/02640414.2010.497822

Bericht zur Entwicklung und Evaluierung verschiedener Kühlmethoden für Triathleten

Global warming sei Dank haben Triathleten auch außerhalb von Hawaii mittlerweile fast überall mit großen klimatischen Herausforderungen zu kämpfen. Das Thema effektive Kühlung und Eindämmen des Anstiegs der Körperkerntemperatur sind mittlerweile zentrale Themen. Neben der physiologischen Anpassung durch entsprechende Hitzeexposition im Training, teilweise durch künstliche Hitze, bleibt auf der anderen Seite das Thema Cooling durch Tools und Textilien zu beackern.

Im Verlauf des Sommers haben wir umfassend an unterschiedlichen Methoden zur Kühlung von Triathletinnen gearbeitet. Ziel unseres Projekts war die Entwicklung eines praxistauglichen und effektiven Kühlkonzepts, das sowohl im Trainingsalltag als auch im Wettkampf eingesetzt werden kann und dabei preislich noch in einem fairen Rahmen bleibt.

Über einen Zeitraum von mehreren Monaten wurden verschiedene Kühltechniken untersucht und unter realen Bedingungen getestet. Zu den erprobten Methoden gehörten unter anderem kühlende Handtücher, spezielle Kältemützen sowie mit Eiswürfeln befüllbare Kühlbeutel.

Hierzu haben wir bereits auf dem Markt befindliche Dinge evaluiert, die Vor- und Nachteile erarbeitet und eigene Prototypen bauen lassen. Sämtliche Varianten wurden eigenständig getestet, um eine direkte Einschätzung hinsichtlich Effektivität der Kühlung, Tragekomfort, Anwendbarkeit und Haltbarkeit zu ermöglichen.

Besondere Erkenntnisse lieferte der Einsatz der sogenannten Eiskappe, einer Mütze, die mit Eiswürfeln befüllt werden kann. Wir haben diese Kappe intensiv in unterschiedlichen Variationen getestet und konnte dadurch wertvolles Feedback zur Leistungsfähigkeit und Alltagstauglichkeit dieser Kühlmethode beisteuern.

Im Rahmen der Testphase wurden verschiedene Materialien, Füllungen und Zusammensetzungen geprüft. Zudem wurden unterschiedliche Möglichkeiten der Platzierung und Fixierung der Kühlprodukte ausprobiert, um ein möglichst optimales Ergebnis zu erzielen. Die Vielfalt der getesteten Varianten ermöglichte eine umfassende Bewertung hinsichtlich Kühlwirkung, Belastbarkeit und Praktikabilität.

Nach Abschluss der mehrmonatigen Evaluierung kamen wir zu dem Ergebnis, unsere Bemühungen im Bereich Kopfbedeckungen dennoch ruhen lassen. Hier einige Impressionen aus dem vergangenen Sommer.

Ultra Cool Tech hat mit der Glacier Cap die Messlatte extrem hochgelegt und war für uns die insgesamt deutlich bessere und effektivste Alternative. Sie überzeugte sowohl in der Qualität als auch in der Leistungsfähigkeit und entsprach am ehesten den Anforderungen, die an ein zuverlässiges Kühlkonzept für Triathletinnen und Triathleten gestellt werden. Manchmal muss man sich geschlagen geben und akzeptieren, wenn man den Kürzeren gezogen hat. Umso glücklicher schätzen wir uns, die Glacier Cap bei uns im Shop anbieten zu dürfen, denn sie stellt wirklich die eierlegende Wollmilchsau dar. Sie verfügt über überragende Kühleigenschaften, geringes Gewicht, sehr angenehmen Tragekomfort und ist im Vergleich zu anderen Kühltextilien auf dem Markt sehr robust.

Allerdings haben wir uns noch nicht in allen Bereichen geschlagen gegeben, sprich wir arbeiten an weiteren interessanten Produkten zum Thema Cooling. Unsere Testreihe hat wirklich Spaß gemacht und eine ganze Reihe anderer kreativer Lösungen mitgebracht. Stay tuned!

Jagd auf Strava-Segmente- wie der KOM das zielgerichtete Triathlon-Training kaputtmacht

Was ist das Problem mit Strava-Segmenten?

Strava-Segmente sind kurze Abschnitte mit Leistungsvergleichen. Sie belohnen maximale oder sehr hohe Intensitäten über Sekunden bis wenige Minuten. Die Probleme entstehen, wenn:

• Segmentjagd spontan statt als geplante, strukturierte Einheit auftritt.

• Die Intensität immer wieder deutlich über die geplanten Trainingszonen hinausgeht.

• Erholung, Periodisierung und langfristige Ziele (z. B. Ironman-Pace, Wettkampfperiode) vernachlässigt werden.

Segment-Sprints sind großartig für Motivation und kurzfristige Leistungsindikatoren — sie passen aber oft nicht zur Trainingssteuerung eines Triathleten, der auf Ausdauer, Ökonomie und Schwellenleistung baut.

Physiologie: Warum häufige, unstrukturierte Sprints schaden können

1. Verschiebung der energetischen Belastung

Kurze, hohe Anstrengungen erhöhen den Anteil der anaeroben Glykolyse. Das bedeutet: mehr schnelle ATP-Bildung über Kohlenhydratabbau → mehr Laktatproduktion. Wiederholte anaerobe Spitzenlasten trainieren den Körper, schneller auf anaerobe Energiepfade zurückzugreifen.

2. Anpassungen auf Zellebene

Regelmäßige, wiederholte Sprints fördern enzymatische und muskelphysiologische Veränderungen wie:

• Erhöhte Aktivität von Glykolyse-Enzymen (z. B. PFK, LDH).

• Relative Betonung schneller Muskelfasern (Typ IIa/IIx) gegenüber langsamen (Typ I).

Weniger Signal für mitochondriale Biogenese bei gleichzeitigem Fokus auf angepasste, schnelle Energiebereitstellung.

Diese Änderungen können die aerobe Effizienz senken — man produziert bei submaximaler Belastung mehr Laktat und fühlt sich schneller erschöpft.

3. Hormone, Ermüdung, Regeneration

Häufige Maximalsprints → höhere akute Ausschüttung von Katecholaminen und Cortisol → längere Wiederherstellungszeiten. Chronisch erhöhtes Stressniveau wiederum stört Regeneration, Schlaf und Trainingsanpassung. Bewusste eingeplante kurze und explosive Belastungen (MDL, STL oder Testo-Boost) können die endokrine “Schieflage” gerade rücken, sprich die Produktion körpereigenen Testosterons steigern, allerdings sollten diese mit Bedacht bzgl. der Anzahl gewählt werden.

4. V̇Lamax: was ist das und warum ist es wichtig?

Maximale Laktatbildungsrate (Vlamax) ist ein Maß der maximalen Laktatproduktionsrate — vereinfacht: wie schnell die Muskulatur Laktat erzeugen kann, wenn sie stark glykolytisch arbeitet.

• Eine höhere V̇Lamax bedeutet: bei einer gegebenen Leistung steigt die Laktatkonzentration schneller und stärker an. Das reduziert die Fähigkeit, eine hohe Leistung über längere Zeit zu halten (z. B. etwaige Rad-Split-Pace im Triathlon).

• Ein niedrigere V̇Lamax hilft, die laktat-abhängige Ermüdung zu verzögern und die Tempo-Haltbarkeit bei Ausdauerleistungen zu verbessern.

Regelmäßige Sprint-/Segmentjagden sind ein starker Stimulus für die Erhöhung von V̇Lamax — genau das Gegenteil dessen, was viele Triathleten (v. a. für längere Distanzen) brauchen.

Indirekt kann man anführen, dass der Kohlenhydratverbrauch an die Vlamax gekoppelt ist. Einfach gesprochen: Je höher die Vlamax, desto höher der Verbrauch. Da die Glykogenspeicher jedoch limitiert ist, sollte man möglichst darauf achten, sparsam mit dieser Energiequelle umzugehen.

Konkrete negative Auswirkungen auf Triathlon-Leistung

• Weniger Substanz für die Wettkampfpacer: Bei höherer V̇Lamax erreicht man die anaerobe Schwelle früher — die Watt/Tempo-Haltbarkeit sinkt.

• Tempo, das früher noch «komfortabel» war, wird “metabolisch teurer”; das Renntempo wird instabil.

• Erhöhte Erschöpfung nach Rennen/Training: Mehr glykogenverbrauchende Sprints → früherer Energiemangel in langen Einheiten.

• Störungen der Periodisierung: Ungeplante maximale Belastungen ruinieren Erholungsfenster und das Intended-Stimulus-/Superkompensationsprinzip.

Höheres Verletzungs- und Überlastungsrisiko durch häufiger auftretende, unspezifische, hochintensive Spitzen.

Für welche Triathleten ist eine höhere V̇Lamax nützlich — und für wen schädlich?

• Kurzdistanz/Sprinttriathlon / sehr kurzes Zeitfahren: Eine höhere V̇Lamax kann vorteilhaft sein, weil explosive Leistung/hohe Endgeschwindigkeit benötigt wird.

• Olympische / Mitteldistanz / Langdistanz / Ironman: Hier dominiert aerobes Potenzial, sprich die ökonomische Effizienz. Eine zu hohe V̇Lamax ist in der Regel nachteilig.

Deshalb ist Kontext wichtig: Segmentjagd kann für einen Sprinter nützlich sein, für einen Ironman-Athleten schädlich.

Was kann man praktisch tun? Tipps gegen die Segment-Falle

Sofortmaßnahmen (Verhalten)

• Notifications aus / Segmente verbergen: Entferne Push-Benachrichtigungen oder deaktiviere Segment-Leaderboard in Strava.

• Privatroute / kein Live-Upload: Temporär Upload/Live-Segments aussetzen, wenn die Einheit nicht als Maximaltest gedacht ist.

Trainingssteuerung

• Strukturierte Einheiten fahren, nicht Zufalls-Sprints. Halte dich an die geplanten Vorgaben der Trainingseinheit

• Weniger „All-out“ Sprints, mehr gezielte Intervalle: Wenn du Anaerobic Power brauchst, plane dafür separate, begrenzte Sessions (z. B. 6×20–30 s Sprints mit langer Pause), nicht zufällig beim Training.

Fazit — Die Balance finden

Strava-Segmente sind ein großartiges Motivationsinstrument. Für TriathletInnen (insbesondere auf längeren Distanzen) wird es problematisch, wenn die Jagd nach Segment-PRs systematisch ungeplante, sehr intensive Belastungen erzeugt. Physiologisch führen häufige All-outs zu einer Verschiebung hin zu schneller Glykolyse, steigender V̇Lamax, geringerem Tempo-Durchhaltevermögen und schlechterer Regeneration — genau die Dinge, die ein Langstreckler eigentlich vermeiden sollte.

Kurz: Motivation ja — Kontrolle zuerst. Nutze Segmente bewusst als gelegentlichen Leistungs-Check oder für gezielte Sprint-Sessions, aber lass sie nicht die Trainingsplanung übernehmen. Wenn du Wettkampfzielen näher kommen willst, trainiere nach Plan und manage die V̇Lamax durch passende Belastungssteuerung und periodisierte KH-Aufnahme.

In meiner Welt trainiert man, um Wettkampfleistungen zu produzieren und NICHT um im Training Bestleistungen zu zeigen!

Rote Beete im Triathlon – Hype oder echter Leistungsfaktor?

Von der Saftpresse in die Wechselzone: Warum der Rote-Beete-Hype im Triathlon oft mehr Marketing als messbarer Nutzen ist.

Der vermeintliche Nitrat-Kick

Rote Beete hat in den letzten Jahren Karriere gemacht – nicht auf dem Teller, sondern in der Trinkflasche. Der hohe Nitratgehalt soll die Sauerstoffeffizienz der Muskulatur verbessern, indem im Körper vermehrt Stickstoffmonoxid (NO) gebildet wird.

NO wirkt gefäßerweiternd, die Durchblutung verbessert sich, die Muskeln sollen länger leistungsfähig bleiben.

So weit die Theorie, doch die Praxis im Triathlon ist deutlich komplizierter – und der wissenschaftliche Beweis für eine spürbare Leistungssteigerung steht bis heute auf wackeligen Beinen.

„Was im Labor funktioniert, muss im Wettkampf noch lange nicht wirken.“

Dr. Andrew Jones, University of Exeter (2014)

Kurzdistanz: Geringer Effekt, reales Risiko

Vor allem Sprint- und Olympische-Distanz-Athleten hoffen auf den schnellen Energieschub. Einige Laborstudien zeigen tatsächlich, dass Rote Beete den Sauerstoffverbrauch geringfügig senken kann (Bailey et al., 2009).

In der Praxis bleibt dieser Effekt jedoch kaum messbar – insbesondere bei gut trainierten Athleten, deren Sauerstoffverwertung ohnehin sehr effizient ist.

Mehrere Untersuchungen an leistungsorientierten Triathleten und Radfahrern zeigen keinen signifikanten Vorteil durch Nitrat-Supplementierung (Boorsma et al., 2014; Wilkerson et al., 2012).

Dafür treten Magen-Darm-Beschwerden umso häufiger auf: Übelkeit, Blähungen oder Krämpfe sind keine Seltenheit, vor allem nach konzentrierten „Beet Shots“.

Praxis-Tipp:

Wer Rote Beete testen möchte, sollte sie nur im Training ausprobieren – nie am Wettkampftag. Die individuelle Verträglichkeit variiert stark.

Mitteldistanz: Theoretisch interessant – praktisch problematisch

Auf der 70.3-Distanz könnte ein minimaler Vorteil in der Energieeffizienz theoretisch helfen, Ermüdung hinauszuzögern.

Doch die Realität im Rennen sieht anders aus: Viele Triathleten nehmen während der Belastung Gels, Sportgetränke und feste Nahrung zu sich. In Kombination mit Rote-Beete-Saft ist der Verdauungstrakt schnell überfordert.

Studien zeigen, dass Rote Beete die Magenentleerung verzögern kann – ein Problem, das sich über Stunden verstärkt (Cermak et al., 2012). Übelkeit oder Krämpfe sind dann oft das Resultat.

Langdistanz: Kein Platz für Experimente

Im Ironman zählt alles – nur kein Experimente.

Hier dominieren Energiezufuhr, Flüssigkeitshaushalt und Magenstabilität die Leistungsfähigkeit. Ein minimaler theoretischer NO-Effekt wird durch eine gestörte Verdauung schnell zerstört

Langzeitstudien zu Nitrat-Supplementierung über viele Stunden fehlen nahezu vollständig.

Die Fachliteratur spricht daher eine klare Sprache: Kein belegbarer Nutzen, aber ein reales Risiko für gastrointestinale Probleme. (Hoon et al., 2014; Peeling et al., 2018)

Viel Hype, wenig Evidenz

Der Großteil der verfügbaren Forschung wurde mit untrainierten Probanden durchgeführt.

Hochtrainierte Athleten reagieren deutlich weniger auf Nitratgaben – ihre Muskulatur ist ohnehin optimal an die Sauerstoffverwertung angepasst (Porcelli et al., 2015).

„Je besser ein Athlet trainiert ist, desto kleiner fällt der potenzielle Nutzen aus.“

— Dr. Silvia Porcelli, Universität Mailand (2015)

Rote Beete ist interessant – aber kein Wundermittel.

Die wissenschaftliche Beweislage ist inkonsistent, die Nebenwirkungen real. Selbst auf der Sprintdistanz bleibt der Nutzen zweifelhaft, während das Risiko von Magenproblemen spürbar ist.

Wer mit Rote Beete experimentieren möchte, sollte das vorsichtig und frühzeitig in der Trainingsphase tun.

Im Wettkampf gilt: Vertraue lieber auf bewährte Strategien als auf rote Wundertränke.

Literaturverzeichnis

Bailey, S. J., Winyard, P., Vanhatalo, A., Blackwell, J. R., Dimenna, F. J., Wilkerson, D. P., Tarr, J., Benjamin, N., & Jones, A. M. (2009). Dietary nitrate supplementation reduces the O₂ cost of low-intensity exercise and enhances tolerance to high-intensity exercise in humans. Journal of Applied Physiology, 107(4), 1144–1155. https://doi.org/10.1152/japplphysiol.00722.2009

Boorsma, R. K., Whitfield, J., Spriet, L. L. (2014). The effect of nitrate supplementation on 10-km time trial performance in trained cyclists. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism, 24(6), 616–624. https://doi.org/10.1123/ijsnem.2013-0207

Cermak, N. M., Gibala, M. J., & van Loon, L. J. C. (2012). No improvement in endurance performance after a single dose of beetroot juice in highly trained cyclists. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism, 22(6), 470–478. https://doi.org/10.1123/ijsnem.22.6.470

Christensen, P. M., & Nybo, L. (2013). Influence of nitrate supplementation on VO₂ kinetics and endurance of elite athletes. European Journal of Applied Physiology, 113(8), 1785–1795. https://doi.org/10.1007/s00421-013-2607-2

Hoon, M. W., Johnson, N. A., Chapman, P. G., & Burke, L. M. (2014). The effect of nitrate supplementation on exercise performance in humans: A systematic review and meta-analysis. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism, 24(5), 416–431. https://doi.org/10.1123/ijsnem.2013-0177

Jones, A. M. (2014). Dietary nitrate supplementation and exercise performance. Sports Medicine, 44(Suppl 1), S35–S45. https://doi.org/10.1007/s40279-014-0149-y

Peeling, P., Cox, G. R., Bullock, N., & Burke, L. M. (2018). Exercise and nutrition interactions: Beetroot juice and performance. Journal of the International Society of Sports Nutrition, 15(1), 27. https://doi.org/10.1186/s12970-018-0234-9

Porcelli, S., Ramaglia, M., Bellistri, G., Pavei, G., Pugliese, L., Montorsi, M., Rasica, L., & Marzorati, M. (2015). Effects of a short-term high-nitrate diet on exercise performance in highly trained athletes. Nitric Oxide, 48, 10–16. https://doi.org/10.1016/j.niox.2014.10.003

Wilkerson, D. P., Hayward, G. M., Bailey, S. J., Vanhatalo, A., Blackwell, J. R., & Jones, A. M. (2012). Influence of dietary nitrate supplementation on tolerance to high-intensity exercise in humans. Journal of Applied Physiology, 113(4), 736–742. https://doi.org/10.1152/japplphysiol.00354.2012

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