Hommage an Pascal Ramali

Mit dem Ironman Frankfurt 2019 endet auch die „Karriere“ von Pascal Ramali.

Zeit für mich, einen kurzen Rückblick auf unsere gemeinsame Arbeit zu werfen.

Pascal war in seinem früheren Leben einer der erfolgreichsten Speed-Skater, konnte in dieser Sportart mehrere Titel als Deutscher Meister einfahren, war Teilnehmer an den World Games und ist Deutscher Rekordhalter über 100km auf Skates.

 

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Im Herbst November hat er mich über Lothar Leder zwecks Triathlon-Coaching kontaktiert und wir sind uns schnell einig geworden. Mir war zum damaligen Zeitpunkt nicht so recht bewusst, was er wirklich konnte, da er weder Powermeter- noch Leistungsdiagnostikdaten liefern konnte. Als er beim 70.3 auf Mallorca eine der schnellsten Zeiten auf dem Rad präsentierte, bin ich wach geworden und hab sein Talent richtig erkannt.

Es folgten in 2014 starke Ergebnisse, die ihn für die 70.3-WM in Mont Tremblant qualifizierten. Als Student der Luft- und Raumfahrttechnik war das finanzielle Budget eher beschränkt, aber die WM wurde dennoch in Angriff genommen. Er hat das Rennen der AK25 lange angeführt bis ihm die Kette gerissen ist. Der Schaden konnte mittels Kettennieter behoben werden, aber das Ergebnis war futsch. Ich konnte ihn nach der WM motivieren, mit nur 3 Wochen spezifischem Training, den Doppelstart beim Berlin-Marathon zu wagen, also samstags auf Skates und sonntags zu Fuß. Er lief seinen ersten Marathon direkt sub3 mit längstem Lauf bis dato von 25km und der Vorbelastung des Skate-Marathons. Nach einigen Gesprächen konnte ich ihn davon überzeugen, es im Jahr 2015 auf der Langdistanz als Profi zu wagen, da er im Ironman seine Schwimmschwäche auf der doppelten Streckenlänge an Land korrigieren konnte. Ein gemeinsames Training mit der 2018 tragisch verstorbenen Julia Mai wird immer in Erinnerung bleiben, sie hat ihm damals an ihrem immensen Erfahrungsschatz als Langdistanzlerin teilhaben lassen, was für mich die Initialzündung zur Gründung des TEAMs sisu-training war. Sein dortiger 5.Platz war Genugtuung, denn als ich im Vorfeld seine Chancen mit Top6 prognostizierte, wurden wir beide ausgelacht.

Die untenstehende Übersicht der Rennen macht mich stolz, denn im Gegensatz zu den echten Profis bzw. zu den meisten „Age-Group-Profis“ hat Pascal wirklich immer in Vollzeit gearbeitet, ist z.B. nach dem Ostseeman abends die 650km von Glücksburg nach Hause gefahren, um am nächsten Morgen am Arbeitsplatz zu sein.

 

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Wie bereits nach seinem Sieg beim Ironman Maastricht 2018 unter https://sisu-training.de/allgemein/erfolg-im-ironman-what-it-takes/ zusammengefasst, war das Training auf möglichst wenig Schnickschnack und optimale Zeitausnutzung ausgelegt.

Ich bin sehr glücklich darüber, dass er nach dem vollkommenen Drafting-Desaster auf Hawaii 2018 und den damit als starkem Radfahrer verlorenen besseren Karten nochmals „den Arsch hochbekommen hat“ und sich für den Ironman Frankfurt als letztes Rennen angemeldet hat.

Wir haben nach Kona das eigentliche Training erst Mitte/Ende Januar aufgenommen. Die untenstehenden Umfänge sind nicht gefälscht, mehr ist aus zeitlichen Gründen nicht umgesetzt worden. Es zeigt aber auch, was er wirklich an Leistungsvermögen hat. Besonders bitter find ich nach wie vor, dass trotz großer Bemühungen kein Finanzsponsor aufgetrieben werden konnte, der ihm ein Athleten-Dasein als Vollprofi ermöglicht hätte, so dass er wohl nie sein wahres Potenzial ausschöpfen und zeigen konnte.

 

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Ich freu mich auf weitere gemeinsame Radausfahrten, denn Abtrainieren sollte schon gewährleistet sein, denn Spaß hatten wir jedes Mal!

Danke, dass ich dich auf dem Wege begleiten durfte und mit dir Hektoliter Sportgetränk verzehren musste.

„Coachi“ Mario

 

Meine Beobachtungen rund um den Datev Challenge Roth

Nein, oben ist offensichtlich kein Schreibfehler, denn die Sprecher am vergangenen Sonntag in Roth sprachen in männlicher Form von diesem Rennen. Von meinem Sprachverständnis her müsste das aber eigentlich die und nicht der Challenge heißen, oder?

Bevor sich die Challenge-Befürworter auf den Schlips getreten fühlen und mich als Ironman-nah bezeichnen, möchte ich gleich den Wind aus den Segeln nehmen, denn die folgenden Zeilen sind persönliche Beobachtungen und Entwicklungen, die ich in fast 20 Jahren als Fan-Boy, Athlet und Coach in Roth gesammelt habe.

Das Set-up der Challenge Roth ist nach wie vor grandios, der gesamte Landkreis steht Kopf, über den Solarer Berg braucht man als wahrscheinlich geilsten Kilometer im Triathlon nix mehr schreiben, doch leider bin ich kein uneingeschränkter Befürworter mehr dieses Rennens, denn in meinen Augen hat es Stark an Magie verloren.

Schwimmen

Die Zuschauermassen am Start sind nach wie vor beeindruckend.

Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob das Tragen des Neoprens am Sonntag nicht geradeso noch hingebogen wurde, denn wenn schwächere Schwimmer, die sehr stark durch den Wetsuit profitieren und gerade deswegen einen Start in Roth mit fast 100%iger Neo-Garantie gewählt haben, erwähnen, dass es mehr als grenzwertig heiß gewesen ist und teilweise mehrfach zum Fluten des Anzugs mit kaltem Wasser angehalten werden musste, dann zweifle ich doch am korrekten Messen der Wassertemperatur am Morgen.

Rad

Sorry, aber das Radfahren ist eine absolute Farce. Als Außenstehender hat man überhaupt keinen Einblick mehr, wer wann und wo im Rennen unterwegs ist. Das Starten in unzähligen Startwellen nimmt in meinen Augen jegliche Dramatik und Spannung des Rennens. Der vermeintliche Grund, warum man die Athleten in Startwellen losschickt, nämlich um ein Drafting-freies Rennen zu gewährleisten, ist vollkommen sinnbefreit, wenn man kaum durchgreifende Kampfrichter auf der Strecke hat. Ich hab an mehreren Stellen das Treiben beim Radfahren beobachten können. Was sich da abgespielt hat, lässt mir Erbrochenes im Hals aufsteigen. Mit welcher Dreistigkeit direkt am Hinterrad gefahren wird, entbehrt jeglicher sportlicher Ehre. Besonders abartig zu beobachten war das im Profi-Rennen der Frauen. Daniela Bleymehl fährt auf den ersten 80km 4-5min auf ihre Konkurrentinnen auf, kommt dann aber nicht weg, denn die Gruppe hängt ihr direkt am Rad. Ich kann, wie bereits gesagt, nur das beurteilen, was ich mit eigenen Augen gesehen habe und das war an 3 verschiedenen Stellen auf der Radstrecke immer derselbe Anblick. Im direkten Vergleich zum Ironman Frankfurt war das ein fettes Minus.

Laufen

Die Laufstrecke ist und bleibt sehr geil, auch wenn sie (wie das Radfahren auch) nach Einsicht der .fit-Files etwas zu kurz ist. 

Staffeln:

Ich verstehe das Team um Felix Walchshöfer sehr gut, denn Challenge ist KEIN altruistisches Unternehmen (einige denken das aber wohl immer noch) und möchte genau wie Ironman auch Geld verdienen. Warum man aber ein so großartiges Rennen durch Staffeln regelrecht kaputt macht, bleibt mir echt ein Rätsel. Nach Rücksprache mit einigen Athleten, ist das eher störend und respektlos den Einzelstartern gegenüber, wenn schnelle Staffelathleten, die relativ spät starten, dann mit einem Geschwindigkeitsüberschuss an den Einzelstartern vorbeiballern.

Stimmung:

Wer in den 90er-Jahren in Roth als Zuschauer gewesen ist, der kennt die Stimmung an der Strecke und im Ziel von damals. Das ist mit heute wirklich nicht mehr zu vergleichen. Durch das stundenlange Startprocedere entzerrt sich nicht nur das Rennen, sondern auch die Zuschauer kommen zeitlich versetzt zu den „Stimmungsnestern“. Gerade die Lände hat früher beim Laufen regelrecht gekocht, heute ist das eher ein permanentes Kommen und Gehen.

Das eigens aufgebaute Ziel-Stadion ist sehr cool, aber genau wie am Beispiel Lände, bleiben die Zuschauer nicht. Echt erschreckend, wie schnell sich nach der 3. Profi-Athletin die Reihen gelichtet haben. Warum die Stadionsprecher beim Auflisten der Erfolge der Athleten keine Ironman-Rennen erwähnen oder vom „Triathlon auf Hawaii“ statt Ironman Hawaii sprechen, grenzt irgendwie an Peinlichkeit. Die Stimmung war gut, ich habe aber in den letzten Jahren zig Rennen mit ekstatischeren Zuschauern erleben können.

 

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Fazit:

Das Rennen hat in meinen Augen sehr viel seines früheren Glanzes eingebüßt. Aus Coach-Sicht macht es eigentlich fast keinen Sinn, dort hin zu fahren, denn mit den Startwellen bleibt das Rennen in seinem Verlauf vollkommen intransparent. Wer mit aller Gewalt ein schnelles Rennen haben möchte, sollte in Roth melden. Schnelle, wenn auch etwas zu kurze (aber noch im Rahmen) Strecken und die Möglichkeit am Hinterrad zu lutschen, ermöglichen schnelle Zeiten. 407 Sportler sub10 sprechen eine eigene Sprache und das, obwohl der Wind doch etwas in der zweiten Runde aufgefrischt hat. Was die Zeiten am Ende wert sind, muss jeder für sich selbst wissen….

 

Resümee Ironman Frankfurt 2019

Mein Resümee zum Ironman Frankfurt 2019

Ich denke, dass ich hier keine weiteren Worte zum Wetter bzw. den Bedingungen beim Ironman 2019 verlieren muss, da wurde bereits hinreichend berichtet.

Schwierig finde ich jedoch die Berichterstattung zum DNF von Sarah True. Wir Triathleten werden wieder als suizidale Freaks dargestellt. Wenn ich seh, dass das Hessische Fernsehen sich regelrecht daran weidet, wenn Age-Gouper nach Überqueren der Finishline auf der Bahre in den Athlete’s garden gebracht werden, hat das schon fast was von Gaffen und Sensationsgeilheit . Ich hab einen Kameramann konkret darauf angesprochen, ob das denn sein müsste. Seine Antwort ganz lapidar: „ Halt die Fresse“ 

Soviel dazu.

Das Rennen war natürlich deutlich langsamer und die DNF-Quote laut Coach Cox https://www.coachcox.co.uk/2019/07/03/ironman-frankfurt-2019-age-group-results-and-kona-qualification/?fbclid=IwAR0vnMET7jmeLK_YaMSYDSVWMURWQffLgdsldxa92oA9sIGup0CokgSkyI0 

lag bei 26%. Beides spricht eine eigene Sprache.

Allerdings waren die Bedingungen durchaus machbar, wenn man einige Dinge entsprechend angepasst hat. Dazu zählten:

  • angepasstes Pacing mit deutlich abgeschwächter Erwartungshaltung in Sachen Zeit
  • angepasste Natriumaufnahme durch erhöhte Schweißflussrate
  • etwas reduzierte Kohlenhydratmenge 
  • konsequentes Kühlen

Ich denke, dass ein Verkürzen des Wettkampfs, wie in Nizza durchgeführt, nicht nötig gewesen wäre. Der Veranstalter hat für ausreichend Eis, Wasser und Salz gesorgt und vorab Hinweise und Tips zur Hitzebekämpfung verschickt. Allerdings sollte überdacht werden, ob eine Wettkampfbesprechung unter freiem Himmel im Zielbereich bei mind. 30 Grad sinnvoll ist

Swim:

Nach Durchsicht der übermittelten Garmin-Files würde ich sagen, dass das Schwimmen mind. 3950m gehabt haben muss, keiner der von mir betreuten Athleten hatte weniger Distanz auf der Uhr. Einige Athleten haben sich offensichtlich blind auf die Orientierungskünste der Vorderleute verlassen. Als Außenstehender konnte man sehen, wie einige Athleten wie die Lemminge zickzack hinterhergeschwommen sind. Über das Gejammere bzgl. Neo-Verbot im Vorfeld möchte ich mich ungern auslassen, außer, dass man mit Anmeldung des Rennens 1 Jahr im Voraus durchaus seine Hausaufgaben machen sollte und sich somit die notwendigen Skills draufzuschaffen, um die Distanz auch ohne Neopren zu bewältigen!!

 

 

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Bike:

Die aufkommende Hitze zeigt sich deutlich im Vergleich der ersten zur 2. Runde. Der zusätzlich föhnartige Wind in der zweiten Hälfte des Rennens ist deutlich sichtbar in allen Files. Teilweise liegen die Wattwerte hitzebedingt in Runde zwei 25% unter den Werten aus Runde 1 und das obwohl ich auf konservativeres Pacing explizit hingewiesen habe.

Auffällig, wie jedes Jahr, sind die teilweise hahnebüchenen Sitzpositionen so mancher Athleten, die man mit bloßem Auge und ohne aufwändige Messtechnik erkennen kann. Da liegt unglaublich viel Potential brach und ich hoffe wirklich, dass diese Positionen nicht von professionellen Bikefittern „verbrochen“ wurden.

Run:

Das Laufen hatte am vergangenen Sonntag weniger Wettkampfcharacter, sondern entsprach eher dem Kampf gegen die Bedingungen. Die Athleten, die am ehesten gegen die Temperaturen angekämpft haben und „dagegenhalten“ konnten, waren erfolgreich. Die absolute Geschwindigkeit war komplett sekundär einzustufen.

„Sterbezeit“

Die zeitliche Differenz zwischen meinen Pacing-Berechnungen für „normale“ Temperaturen und den nun gezeigten Zeiten liegt:

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Es zeigt relativ deutlich, dass von Haus aus schnellere Athleten offensichtlich eher mit den Bedingungen zurechtkommen als langsamere Age-Grouper. 

„Meine“ DNF-Quote lag bei ca 15%, also unter der allgemeinen Quote derer, die das Rennen vorzeitig beenden musste. Es macht mich stolz, wenn ich seh, dass die o.g. Maßnahmen behelligt wurden und die Athleten sich nicht von ihrem Ziel, wenn auch deutlich langsamer, abbringen ließen. Es ist aber wirklich keine Schande, das Rennen am Sonntag nicht beendet zu haben, die Gesundheit geht vor. Wer unterwegs Probleme hatte oder Bedenken hatte und ausgestiegen ist, verdient für diese Entscheidung genauso Respekt wie alle Finisher. 

Mund abputzen, Krone richten, weitermachen!

Mario

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