Schwarz/Weiß- oder doch vielleicht grau?

Ich habe heute einen Blog-Artikel von Brett Sutton gelesen, der mich etwas zum Nachdenken angeregt hat. Er schreibt unter https://team.homeoftriathlon.ch/en/teams/home-of-triathlon/blog/triathlon-s-biggest-addiction?fbclid=IwAR2rlItMCehY–jPDLyhFtPR0zSAHzWKIx3UMnoUZIClUGLkQgoUFTdd7SY über den Einsatz und die Verbreitung von Messgeräten (Powermeter, GPS-Uhren, HF-Messer) im Triathlon.

Ich schätze Brett sehr als Trainer und Person und sein sehr großer Erfolg gibt ihm an vielen Stellen Recht. Ich störe mich jedoch immer mehr etwas an seiner z.T. sehr polemischen Schwarz-Weiß-Denkweise. Es werden gerne mal andere Sichtweisen, die nicht seiner Philosophie entsprechen, als „bullshit“ an den Pranger gestellt. Ich denke, da macht er sich zu einfach und schert alle Athleten und Trainer über einen Kamm, denn oftmals ist die Realität keineswegs so einseitig zu betrachten, wie es leider von vielen Menschen heute gerne gemacht wird.

Ich bin ganz klar seiner Meinung, dass im Triathlon oft zu viel gemessen wird und Athleten leider oft länger mit dem Analysieren des Trainings als mit dem Training selbst beschäftigt sind. Man muss an der Stelle jedoch auch ganz klar differenzieren können, denn nicht jede gemessene Metrik ist als Nonsense zu bezeichnen, auch wenn einige Werte es sicher sind

Bodenkontaktzeiten im Links-Rechts-Seitenvergleich, SWOLF-Werte, Vertikaler Hub beim Laufen u.a. sind in meinen Augen solche Werte, die man nicht unbedingt als wichtig schätzen muss und die man auch gerne mal ignorieren darf- oder sogar ignorieren muss. 

Einige dieser Metriken findet man in meinem Periodensystem des Triathlons.

 

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Auf der anderen Seite können die diversen Messgeräte hilfreiche Werkzeuge im Arsenal eines Triathleten sein, um subjektiv per Belastungsempfinden eingeschätzte Leistungen auch objektiv per Datenlage zu betrachten.

Ich sehe Wearables als sinnvolle Hilfsmittel an, die einigen Athleten und Trainern auch einen Nutzen bringen können. Es gibt jedoch Athleten, die durchaus „old school“ unterwegs sind und die man mit dem Einsatz solcher Instrumente eher vergraulen wird. Ein geschulter Trainer muss immer individuell auf die Bedürfnisse des Sportlers eingehen, ihn zum Einsatz oder auch zum Weglassen der Messgeräte bewegen. Dazu muss man aber erst einmal verstehen können, was die ermittelten Werte bedeuten, welche Informationen für das weitere Training man daraus ableiten kann und letztendlich, welche Metriken man den jeweiligen Sportler individuell messen lassen sollte. Man kann Sportler aber nicht über die pure Anwendung von Formeln und Zahlen führen, sondern sollte das gern zitierte Big Picture nicht aus den Augen verlieren. Wenn „all the gear- no idea Athleten“ blind drauflos messen, bin ich ganz klar Bretts Meinung. Ich denke daher, dass man als Coach die Sportler, mit denen man zusammenarbeitet, eher hinsichtlich eines gezielten Einsatzes dieser Werkzeuge schulen sollte, als undifferenziert alles in diese Richtung abzulehnen.

 

 

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Erfahrungen, Zuhören und Beobachtungsgabe sind wichtige Punkte in der Arbeit als Trainer. Die Sportwissenschaft als noch junges Feld entwickelt sich jedoch auch weiter und hat ebenfalls ihre absolute Daseinsberechtigung. Ich denke daher, dass es nicht richtig ist, alles Wissenschaftliche zu ignorieren und nur basierend auf Erfahrungen zu agieren.

 

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Ich bediene mich in meiner Tätigkeit als Coach eher aus beiden Bereichen und möchte meine Ideen, Beobachtungen und Erfahrungen der letzten 15 Jahre gerne auch trainingswissenschaftlich untermauern. Dazu muss man aber offen für neue Strömungen sein, sein eigenes Handeln reflektieren und sich durchaus auch selbst in Frage stellen können.

Letztendlich führen viele Wege nach Rom…

Mario

 

Consistency is key oder stumpf ist Trumpf

STUMPF-IST-TRUMPF

Die Kontinuität und das Wiederholen von bestimmten Einheiten sind die wohl entscheidenden Punkte erfolgreicher Athleten, denn es gibt keine geheime Trainingseinheit, mit der man sich vom Ackergaul zum Rennpferd transformieren kann. Ich muss euch da leider enttäuschen, es gibt keine Abkürzung auf dem Weg zum Erfolg.

Kontinuität ist Trumpf

Trainiere jeden Tag, JEDEN und manchmal 2-3x pro Tag! Schmeiß dem Körper nahezu täglich einen Reiz hin, den er verarbeiten muss. Lieber in kleinen Häppchen trainieren, als 2-3 große “Epic Social Media Poser-Einheiten” pro Woche einzuplanen. Solche fordernden Einheiten müssen zwar auch von Zeit zu Zeit sein, aber in der Philosophie von sisu-training schlägt die Gesamtheit aller Einheiten das Volumen und die Intensität einer einzelnen Session. Killer-Einheiten bedeuten ein höheres Verletzungsrisiko, brauchen entsprechend länger zur Regeneration und führen unweigerlich bei permanentem Durchführen zu einem On/Off-Schema, welches dann unterm Strich weniger Trainingsvolumen durch die eingeplanten Ruhetage bedeutet als kleinere, dafür regelmäßigere Einheiten. Der obligatorische Ruhetag muss nicht zwangsläufig sein und wird dem Sportler eigentlich nur “gewährt”, wenn dieser ihn zwingend braucht, um seinen Alltag organisiert zu bekommen, Beziehungen zu pflegen etc. Tägliches Training jedoch führt zu einem unterschwelligen Grad an Ermüdung. Klingt erstmal negativ, allerdings ist dieses Grundrauschen in Form von Ermüdung hilfreich dabei, dass sich der Sportler durch eben diese Vorermüdung leichter und schneller an Belastungen adaptieren kann. Ein weiterer Benefit des täglichen, kontinuierlichen Trainings ist der, dass bei Trainingsausfall durch Stress im Job, kranke Kinder etc. “verloren gegangene” Einheiten leichter zu kompensieren sind als wenn eine von 3 Monstersessions in einer Woche ausfallen muss. Wenn dabei noch die von mir seit 15 Jahren gepredigte Kontinuität des spezifischen Reizes eingehalten wird, also Sportler in Trainingsintensitäten trainieren, die ihrem Wettkampfformat, dem Leistungszustand und dem Jahreszeitpunkt entsprechen, dann steht einer nachhaltigen Leistungsentwicklung nichts im Wege. Kleiner Hinweis an alle, die sich in den diversen sozialen Medien selbst beweihräuchern. Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) verbessert sich NICHT nur durch das Fahren von 40/20-Intervallen auf der Rolle, sondern ist in erster Linie abhängig von der Trainingshäufigkeit und dem Training der Grundlagenausdauer. Auch hier gibt es, auch wenn es von so manchem selbsternannten Experten propagiert wird, keine Abkürzung durch das Absolvieren solcher Sessions.

Eines der sinnvollsten und hilfreichsten Mittel im Training ist das Prinzip der Wiederholung.

Durch das Wiederholen bestimmter Einheiten über einen gewissen Zeitraum, können Athleten ihre Bewegungsökonomie verbessern, ein besseres subjektives Belastungsempfinden und Selbstvertrauen entwickeln und Fortschritte im Trainingsjahr besser wahrnehmen.
Sich wiederholende Einheiten haben nichts mit Faulheit des Trainers zu tun!!!!

Löse dich vom Gedanken, dass Wiederholungen Langeweile bedeuten. Sie helfen dir stattdessen, mental stärker zu werden und die Monotonie einer Langdistanz besser kopfmäßig zu verarbeiten.

Verbesserung der Bewegungsökonomie

Zum Beispiel kann durch den wiederholten Einsatz des Laufbands bei bestimmten Laufeinheiten (0% Steigung einstellen)  die Schrittfrequenz, Quickness und Turnover etc. ökonomisiert werden. Das reduziert spürbar die Bodenkontaktzeit und nimmt die exzentrische Last der Oberschenkelvorderseite raus.

Training der sog. Concentration Skills

Sich wiederholende GA1-Einheiten mit Focus auf Bewegungsausführung sorgen dafür, dass sich das Bewegungsmuster einschleift, das Bewegungsvorstellungsvermögen des Athleten besser wird. Man pimpt quasi das Grundlagentraining durch Technikinhalte, sorgt für eine Verbesserung der Motorik und schlägt somit 2 Fliegen mit einer Klappe

Verbesserung des subjektiven Belastungsempfinden

Über die Zeit entwickeln Sportler, die sich wiederholende Einheiten absolvieren, ein sehr gutes Gefühl für ihre subjektive Leistung und Belastung am jeweiligen Tag, Stichwort: train by feel!!

Wissen, was einen erwartet

Gerade Age-Grouper mit eingeschränktem Zeitbudget können vom Prinzip der Wiederholungen profitieren, denn wenn sie bestimmte Einheiten mit Routine durchführen, entfällt das zeitintensive Nachschauen im Trainingsplan bei neuen Einheiten. Sie wissen, was sie erwartet und können sich darauf besser einstellen

Dokumentation des Fortschritts

Wenn sich Einheiten im Trainingsprogramm wiederholen, können Sportler ihre Leistungsentwicklung ohne aufwendige Leistungsdiagnostiken etc.festmachen. Wenn ein Sportler 800m-Intervalle in Zeit X und Herzfrequenz Y läuft und er 2 Wochen später die gleiche Einheit im Programm hat, kann er im direkten Vergleich die Leistungssteigerung subjektiv und objektiv erkennen.

Entwicklung des Bewusstseins für Ruhe oder Pause

Sportler lernen durch das Repetieren, wie sie sich verhalten sollten, wenn sie sich am jeweiligen Tag besch…fühlen. Sie können sich deutlich besser einschätzen!

Aufbau der sportartspezifischen Kraft

Triathlon braucht, wie jede andere Sportart auch, eine gewisse „Menge“ an Kraft zur optimalen Performance. Wiederholungen im Training dienen genau dazu, diese sportartspezifische Kraft aufzubauen. Sich regelmäßig wiederholende Paddles-Serien, KA-Intervalle auf dem Rad oder Bergan-Läufe sollten in keinem Trainingsplan fehlen.

Stumpf ist Trumpf, wenn es (wie alles im Leben) mit Hirn eingesetzt wird!
Mario

 

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