13. März 2019 Mario Schmidt-Wendling

Schwarz/Weiß- oder doch vielleicht grau?

Ich habe heute einen Blog-Artikel von Brett Sutton gelesen, der mich etwas zum Nachdenken angeregt hat. Er schreibt unter https://team.homeoftriathlon.ch/en/teams/home-of-triathlon/blog/triathlon-s-biggest-addiction?fbclid=IwAR2rlItMCehY–jPDLyhFtPR0zSAHzWKIx3UMnoUZIClUGLkQgoUFTdd7SY über den Einsatz und die Verbreitung von Messgeräten (Powermeter, GPS-Uhren, HF-Messer) im Triathlon.

Ich schätze Brett sehr als Trainer und Person und sein sehr großer Erfolg gibt ihm an vielen Stellen Recht. Ich störe mich jedoch immer mehr etwas an seiner z.T. sehr polemischen Schwarz-Weiß-Denkweise. Es werden gerne mal andere Sichtweisen, die nicht seiner Philosophie entsprechen, als „bullshit“ an den Pranger gestellt. Ich denke, da macht er sich zu einfach und schert alle Athleten und Trainer über einen Kamm, denn oftmals ist die Realität keineswegs so einseitig zu betrachten, wie es leider von vielen Menschen heute gerne gemacht wird.

Ich bin ganz klar seiner Meinung, dass im Triathlon oft zu viel gemessen wird und Athleten leider oft länger mit dem Analysieren des Trainings als mit dem Training selbst beschäftigt sind. Man muss an der Stelle jedoch auch ganz klar differenzieren können, denn nicht jede gemessene Metrik ist als Nonsense zu bezeichnen, auch wenn einige Werte es sicher sind

Bodenkontaktzeiten im Links-Rechts-Seitenvergleich, SWOLF-Werte, Vertikaler Hub beim Laufen u.a. sind in meinen Augen solche Werte, die man nicht unbedingt als wichtig schätzen muss und die man auch gerne mal ignorieren darf- oder sogar ignorieren muss. 

Einige dieser Metriken findet man in meinem Periodensystem des Triathlons.

 

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Auf der anderen Seite können die diversen Messgeräte hilfreiche Werkzeuge im Arsenal eines Triathleten sein, um subjektiv per Belastungsempfinden eingeschätzte Leistungen auch objektiv per Datenlage zu betrachten.

Ich sehe Wearables als sinnvolle Hilfsmittel an, die einigen Athleten und Trainern auch einen Nutzen bringen können. Es gibt jedoch Athleten, die durchaus „old school“ unterwegs sind und die man mit dem Einsatz solcher Instrumente eher vergraulen wird. Ein geschulter Trainer muss immer individuell auf die Bedürfnisse des Sportlers eingehen, ihn zum Einsatz oder auch zum Weglassen der Messgeräte bewegen. Dazu muss man aber erst einmal verstehen können, was die ermittelten Werte bedeuten, welche Informationen für das weitere Training man daraus ableiten kann und letztendlich, welche Metriken man den jeweiligen Sportler individuell messen lassen sollte. Man kann Sportler aber nicht über die pure Anwendung von Formeln und Zahlen führen, sondern sollte das gern zitierte Big Picture nicht aus den Augen verlieren. Wenn „all the gear- no idea Athleten“ blind drauflos messen, bin ich ganz klar Bretts Meinung. Ich denke daher, dass man als Coach die Sportler, mit denen man zusammenarbeitet, eher hinsichtlich eines gezielten Einsatzes dieser Werkzeuge schulen sollte, als undifferenziert alles in diese Richtung abzulehnen.

 

 

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Erfahrungen, Zuhören und Beobachtungsgabe sind wichtige Punkte in der Arbeit als Trainer. Die Sportwissenschaft als noch junges Feld entwickelt sich jedoch auch weiter und hat ebenfalls ihre absolute Daseinsberechtigung. Ich denke daher, dass es nicht richtig ist, alles Wissenschaftliche zu ignorieren und nur basierend auf Erfahrungen zu agieren.

 

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Ich bediene mich in meiner Tätigkeit als Coach eher aus beiden Bereichen und möchte meine Ideen, Beobachtungen und Erfahrungen der letzten 15 Jahre gerne auch trainingswissenschaftlich untermauern. Dazu muss man aber offen für neue Strömungen sein, sein eigenes Handeln reflektieren und sich durchaus auch selbst in Frage stellen können.

Letztendlich führen viele Wege nach Rom…

Mario