Es ist vollbracht, das TEAM sisu-training.de ist Weltmeister im Ironman TriClub Ranking in der Division IV!
Auf ein neues in 2017!!
Das Jahr 2016 neigt sich dem Ende zu. Zeit also, die zurückliegende Saison aufzuarbeiten.
Zuerst möchte ich hier die Rohdaten präsentieren, die statistische Auswertung des Ganzen folgt dann in den kommenden Tagen. Wie ihr sehen könnt, ist das nämlich mit knapp 650 Rennen in 2016 doch recht viel Arbeit und das ist auch gut so;-)
ergebnisspiegel-26-10-15-31-11-2016
Die letzten Ironman- Rennen 2016 sind Geschichte, Zeit um einige Age-Grouper Rankings meiner Sportler zu analysieren. Ich hab jetzt mal alle Sportler entsprechend markiert, die in ihrer jeweiligen AK national oder global auf der 1.Seite gerankt werden.
Zuerst das vermeintlich schwächere Geschlecht.
Hier die starken Buben:
Freue mich jetzt schon auf die 2017er-Saison mit jetzt schon 5 qualifizierten Athleten in Hawaii vertreten zu sein, das Triclub Ranking 2016 steht noch aus.
Triathlon und insbesondere Ironman stellt eine besondere Herausforderung für den Athleten, aber auch für den Trainer dar.
Training ist bewußt provozierter Stress, der den Körper aus seinem Gleichgewicht, der sog. Homoöstase bewegen soll. Der Trainingsreiz bzw. die Leistungssteigerung kann man als Reaktion auf diesen Stress verstehen.
Hat ein Sportler neben dem physiologischen Stress durch das Training zusätzlich noch weitere „Baustellen“ zu verarbeiten, kann u.U, keine adäquate Stressadaptation mehr stattfinden. Solche sog. externen Stressfaktoren können sein:
Die meisten Age-Grouper müssen neben Familie, Beruf, sozialen Verpflichtungen noch eine ganze Menge Training unter einen Hut bekommen. Das Training wird somit zum Ritt auf der Rasierklinge, eben immer am oberen Rand dessen, was der Organismus ohne etwaige Nachteile verarbeiten kann. Jetzt kommt jedoch erschwerend hinzu, dass unter uns Triathleten leider zu oft nach dem Prinzip „ viel hilft viel“ verfahren wird. Wer mehr, länger und härter trainieren kann, ist im Kreise seiner Sportkollegen oft der Hecht im Karpfenteich. Der typische Ironman-Athlet ist zudem meist Spätberufener, hat oft über mehrere Jahre keinen Sport gemacht, Familie und Karriere standen im Vordergrund. Das führt sehr oft dazu, dass Sportler sich bzgl. ihres Regenerationsstatus und ihrem subjektiven Belastungsempfinden vollkommen falsch einschätzen.
Da ich die Problematik bereits vor einigen Jahren erkannt hab, hab ich dieses Sheet zur subjektiven Selbsteinschätzung 2007 erstellt. Wenn man am jeweiligen Tag, sich bei 3 dieser 5 Parameter schlechter als 5 (1 gut, 5 sehr schlecht) einschätzt, sollte man das Training reduzieren bzw. streichen. Doch leider funktioniert diese Tabelle auch nur bedingt, da man sich ja selbst einschätzen muss und sich eben selbst ganz wunderbar „bescheißen“ kann.
Es braucht also viel mehr ein System, um Regeneration, Stress und „Readiness“ objektiv zu messen. Hierzu bietet sich das Messen der Herzraten-Variabilität, kurz der HRV, an.
Ich hab diese HRV bereits Ende der 90er-Jahre im Rahmen meines Sportstudiums kennengelernt, damals aber nicht sonderlich beachtet, da ich mit Mitte 20 „voll im Saft“ gestanden hab und das Thema Regeneration in meinen Augen nur was für alte Leute war. Einige Zeit später hab ich durch meinen damaligen Sponsor Polar den damals ersten Pulsmesser mit gleichzeitiger HRV-Messung , den S810i bekommen und erstmals Auswirkungen des Trainings und des Alltag-Stress auf diese HRV beobachten können.
Als Coach hab ich vor Jahren mit restwise.com experimentiert. In diesem System sollten die Sportler subjektive Angaben zur Schlafqualität, Ruhe-HF, Farbe des Urins etc. angeben. Nach Eingabe dieser Parameter, hat die Software dann den Erholungsstatus mittels Algorithmus ermittelt. Die Fehlerquelle hierbei lag in der subjektiven Einschätzung des Athleten. Wie bereits eingangs erwähnt, haben viele Athleten leider diese „gestörte“ Selbsteinschätzung in Sachen Körperwahrnehmung.
Mittlerweile ist die Studienlage extrem gut und die Auswirkungen der HRV auf Stress und
Leistungsentwicklung umfangreich belegt. Wer sich da etwas in Tiefe mit dem Thema auseinandersetzen möchte, findet über Google Scholar viele Quellen. Aus Erfahrung kann ich nur sagen, dass man sich da echt verlieren kann!
Doch was ist denn diese HRV eigentlich?
Bereits im alten China hat man beobachtet, dass das Herz nicht immer gleichmäßig schlägt, es also Variationen im Abstand zwischen zwei Herzschlägen gibt. Dieser zeitliche Abstand reguliert der menschliche Organismus autonom angepasst an die jeweiligen Bedürfnisse. Körperliche Beanspruchung oder Stress führen zu einem Anstieg der Herzfrequenz, die in Ruhe i.d.R. wieder auf das Ausgangsniveau absinkt. Je „frischer“ ein Sportler ist, desto eher zeigt sich die Fähigkeit der Anpassung an die Stressfaktoren Training und Alltag mit einer großen Variabilität des zeitlichen Abstands zwischen zwei Herzschlägen. Ist der Athlet jedoch permanent zu sehr gestresst, sei es durch Training oder andere der o.g. Faktoren oder eine Kombination aus beidem, reduziert sich diese Anpassungsfähigkeit resultierend in einer geringeren Variabilität der Herzschläge.
Physiologie
Zum besseren Verständnis ein kurzer Abriss der relevanten Zusammenhänge:
Die Kontraktion des Herzens wird autonom, also unterbewusst und nicht willentlich durch einen Impuls des sog. Sinusknotens am Herzen hervorgerufen. Hierfür verantwortlich ist das autonome Nervensystem.
Man unterteilt dieses in einen sympathischen Anteil, der als aktivierend oder als „fight or flight“-Anteil bezeichnet wird. Dieser Sympathikus ist für die Taktgebung am Herzen verantwortlich. Er sorgt für eine Blutdruck- und Herzfrequenzsteigerung, Pupillenweitstellung am Auge etc.
Der Gegenspieler hierzu ist der Parasympathikus , der vom Vagus-Nerv angesteuert wird. Dieser parasympathische Teil des Nervensystems steuert die Funktionen der inneren Organe, gilt als Ruhe- oder Erholungsnerv und dient der Erholung,dem Aufbau körpereigener Reserven, der Verdauung, Blutdrucksenkung etc..
Wenn man sich diese beide Gegenspieler betrachtet, kann man sich schon denken, in welchem Bereich man eher Vorteile der Leistungsentwicklung vermuten wird. Man möchte aber dennoch auch im sympathischen Teil stark und resistent sein. In jeder einzelnen Millisekunde arbeiten diese beiden Systeme miteinander, um den Organismus überhaupt am Leben zu halten. Die Balance von sympathischem und parasympathischem Teil ist ein ganz natürlicher und gesunder Vorgang, der permanent stattfindet.
Dominanz des sympathischen Teils
Dieser Zweig des vegetativen Nervensystems sorgt für einen Anstieg des Blutzuckerspiegels, des Blutdrucks und der Herzfrequenz, also alles Dinge, die wir als Triathleten im Wettkampf und Training zur Leistungsentfaltung brauchen.
Problematisch wird es jedoch, wenn ein Athlet zu viel Zeit im sympathischen Teil verbringt, weil dadurch die elementare Regeneration und daraus in sekundären Instanz dann auch die Leistungsentwicklung nachhaltig gestört wird. Wenn dieser Zustand dauerhaft anhält, kann man von chronischem Stress sprechen. Dieser Status führt dann zu einer beschleunigten Alterung, Knochendichte- und Muskulaturverlust, Gedächtnisverlust etc.
Auslöser für diesen Status können inadäquate Trainingsbelastungen („epische Monstereinheiten“), Schlafmangel, Alltags-Stressfaktoren (siehe oben), Lebensmittel mit hoher Entzündungsdisposition etc. sein.
Dominanz des parasympathischen Teils
Um ein hohes Maß an Gesundheit und Leistung zu entwickeln, ist es notwendig, dass beide Teile des vegetativen Nervensystems gut entwickelt sind. Steve Tarpinian, einer meiner Mentoren in Sachen Coaching, pflegte immer zu sagen: „ The beauty is in the balance“
Genauso verhält es sich auch in Sachen Nervensystem, soll heißen, dass wir unser sympathisches System „anknipsen“ müssen, wenn wir es für die Belastungen im Sport brauchen, aber es direkt danach dann auch „ausschalten“ können und uns im regenerativ hilfreichen parasymapthischen Anteil befinden. Ähnlich wie bei der Dominanz des „fight and flight“-Anteils ist es durchaus auch möglich einen „Überschuss“ an parasympathischer Aktivität zu erlangen. Dazu muss der Athlet über einen langen Zeitraum im Übertrainingszustand sein, so dass der Organismus den Sympathikus „abschaltet“, um größere Schäden zu vermeiden. Andere Möglichkeiten liegen darin, dass ein Athlet einen aufkeimenden Infekt in sich trägt oder in Rekonvaleszenz nach Krankheit ist.
Troubleshooting
Geraten diese beiden Teile zu sehr aus der Balance, sollte der Sportler in fast allen Fällen Ruhe walten lassen, sprich, das Training im Umfang und/oder Intensität reduzieren bzw. als worst case pausieren.
Die Bedeutung der Atmung und ihr Einfluß auf die HRV
Die menschliche Atmung ist eng verwoben mit dem Herz-Kreislauf-System, der Nervensystem und dem Gehirn. Beim Prozess des Einatmens steigt die Herzfrequenz leicht an, beim Ausatmen sinkt diese leicht. Dieser zyklische Ablauf sorgt für ein Gleichgewicht zwischen Leistungsbereitstellung und Regeneration.
Hieraus ergibt sich ein weiterer Nutzen der HRV-Messung, denn wirklich tiefe Atemzüge in den Bauch unter Einfluss des Zwerchfells (Diaphragma) sorgen für eine dramatische Verbesserung des autonomen Nervensystems. Diese Form der Atmung verbessert die Hirnleistung, sorgt für verbesserte Durchblutung, Reduktion von muskulären Verspannungen etc.
In unserer heutigen Gesellschaft kann man jedoch beobachten, dass das Zwerchfell durch das alltägliche Sitzen in seiner Funktion eingeschränkt ist, nicht mehr korrekt kontrahiert und in seinem Querschnitt sukzessive abnimmt. Dieses Zwerchfell ist der wichtigste Muskel und wird gerade beim Schwimmen extrem gefordert, weil man hierbei gegen einen erhöhten Widerstand ins Wasser ausatmen muss. Ein weiterer zu beobachtender Punkt ist, dass aus ästhetischen Gründen der Bauch eingezogen wird, um möglichst schlank auszusehen. Durch das Einziehen der Bauchmuskulatur, findet lediglich eine Brustkorbatmung statt, die die bereits genannten Benefits durch korrekte Form der Atmung nicht zulässt. Für Sportler mit ineffizienter Atmung kann das Besuchen von Yoga-Klassen durchaus hilfreich sein, um ein Bewusstsein für korrektes, tiefes Zwerchfellatmen zu entwickeln.
Praxis
Man unterscheidet bei der HRV in Langzeit- und Kurzzeitmessung. Letztere ist für den tagtäglichen Gebrauch eher praktikabel. Hierzu wird zwischen 1 und 5min in Ruhe am Morgen in liegender Position gemessen. Um möglichst entspannt zu sein, sollte man die Messung erst nach dem Toilettengang am Morgen und vor dem Frühstück und Kaffee durchführen. Um eine valide Aussage zum Stresslevel zu erzielen, sollte man täglich diese kurze Messung durchführen, denn nur über den Langzeitverlauf über Wochen und Monate kann man die korrekten Rückschlüsse bekommen.
Zur Auswertung bieten sich mehrere Modelle an, die wahrscheinlich umfangreichste Software, die sich auch für die wissenschaftliche Auseinandersetzung eignet, ist Kubios, die es als Freeware zum Gratis-Download gibt.
Tarvainen M.P., Niskanen J.P., Lipponen J.A., Ranta-aho P.O. & Karjalainen P.A. (2014). Kubios HRV: Heart Rate Variability Analysis Software. Comput Meth Programs Biomed, 113(1), 210-220
Darüber hinaus gibt es unzählige weitere Systeme, Apps, Soft- und Hardwareanbieter auf diesem Gebiet.
Fazit
Die HRV stellt für Sportler mit schlechter Selbsteinschätzung ein objektives Tool dar, um Übertraining zu vermeiden und einen geradlinigen, ununterbrochenen Formaufbau zu garantieren. Ich hab mich sehr intensiv mit diesem Thema auseinandergesetzt, bereits mehrere Jahre Erfahrungen und Werte gesammelt und bin absolut davon überzeugt. Das System hatte jahrelang keinen guten Ruf in Deutschland und wurde als esoterische Spinnerei verschrieen, zumal die Forschung lange Zeit auf der Stelle getreten hat. Durch die EKG-genauen HF-Gurte der namhaften Hersteller (.z.B Wahoo TICKR) wurde die Messung der HRV deutlich preiswerter und somit auch einem breiteren Publikum zugänglich.
Wenn man dann noch einen Coach hat, der die ermittelten HRV-Werte richtig interpretieren kann und den bestehenden Trainingsplan basierend auf den HRV-Werten tagesgerecht anpasst, dann steht dem Erfolg im Triathlon (fast) nichts mehr im Wege.
Die Integration der HRV-Messung ins Triathlon-Training und die tagesgenaue Einschätzung des Athleten kann man somit durchaus als den Porsche unter den Trainingsplankonzepten bezeichnen.
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