24. Oktober 2017 Mario Schmidt-Wendling

Schwimmen mit Schnorchel

Das Schwimmen mit Schnorchel

Spätestens seitdem Jan Frodeno als Markenbotschafter für Ameo Powerbreather auftritt, ist der Schwimmerschnorchel den meisten Triathleten ein Begriff, doch die wenigsten wissen um die Vorteile eines solchen Trainingsgeräts.

Ich hab mal einige positive Aspekte zusammengetragen, die ein Triathlet erleben kann, wenn er sich nach einer Eingewöhnungszeit auf das Thema Schnorchel einlässt.

Balance der Bewegung:

Der größte Vorteil im Schnorchelschwimmen liegt darin, dass der Kopf nicht zur Seite zum Einatmen gerollt werden braucht. Gerade Athleten, die primär zu ihrer Schokoladenseite atmen bzw. nur auf eine Atemseite festgelegt sind, profitieren sehr stark davon, weil die Schwimmbewegung ausgeglichener wird, sich keine Dysbalancen entwickeln. Ein zu einseitiges Atmen und daraus resultierend eine zu hohe einseitige Last führt sehr oft zur Entstehung der sog. Schwimmerschulter. Ein Schnorchel hilft, die auftretenden Kräfte gleichmäßiger und seitengleicher verarbeitet zu bekommen. Eine Symmetrie (sofern es diese überhaupt im menschlichen Körper gibt) innerhalb der Bewegung führt i.d.R. auch zu einer höheren Geschwindigkeit.

Optimieren der Kopfposition:

Einer der meist gemachten Fehler im Kraulschwimmen liegt darin, dass der Schwimmer den Kopf zu stark in den Nacken legt und zu weit nach vorne blickt. Das wiederum führt zu einem Absinken der Beine/Hüfte und damit verbunden zu einer verschlechterten Wasserlage. Der Nacken wird durch diese unnatürliche Position ziemlich gestresst, zumal die meisten „modernen“ Menschen eh über smartphone-bedingte Nackenschmerzen klagen. Wenn man jetzt noch an die Kopfposition beim nachfolgenden Radfahren auf dem Aero-Lenker denkt, wird es noch deutlicher, den Kopf beim Schwimmen in einer neutralen Position zu halten. Neutral bedeutet, dass der Kopf in der Verlängerung der Wirbelsäule gehalten wird, der Blick also eher nach unten als nach vorne zeigt. Sich nach vorne zu orientieren, ist ein menschliches Verhaltensmuster, dass beim Schwimmen „aufgebrochen“ werden muss, ein Schnorchel kann die Kopfposition signifikant verbessern.

Viele Athleten drehen den Kopf permanent von der einen zur anderen Seite und klagen über eine gewisse Seekrankheit nach dem Schwimmen. Der Schnorchel sorgt dafür, dass der Kopf stabil gehalten wird und der Sportler lernen kann, dass der Vortrieb nicht über das Rollen des Kopfes, sondern aus der Hüftrotation kommt. Das führt uns auch schon zum nächsten Punkt.

Verbesserung der Körperlängsachsenrotation:

Ein leider oft gesehener Fehler beim Kraulschwimmen im Triathlon ist die fehlende Körperlängsachsenrotation oder ein zu starkes Rotieren (z.B. beim Total Immersion- Schwimmkonzept). Wenn der Kopf durch den Schnorchel fixiert bleibt und der Blick auf einen bestimmten Punkt am Beckenboden konzentriert ist, entwickelt sich meist das von mir sog. „Spanferkel- oder Dönerspieß-Phänomen“. Der Schwimmer lernt, bewusst seine Rumpfmuskulatur einzusetzen und die Schwimmbewegung initial aus der Hüfte beginnen zu lassen und somit jeden Zug kraftvoller durchzuziehen.

Verbesserung des sog. High Elbow Catch:

Beim Schwimmen kann man immer nur einen kurzen Ausschnitt der Bewegung optisch erfassen. Durch den Einsatz des Schnorchels und der damit ausgeschalteten Kopfbewegung, kann man das Beobachten seines eigenen Handelns im Wasser deutlich verlängern. Viele Athleten berichten mir, dass sie mittels Schnorchel erstmals bewusst sehen können, was die Hände, Unterarme und der Ellenbogen unter Wasser eigentlich macht. Übungen wie Sculling lassen sich somit noch bewusster und exakter ansteuern.

Oft ist ein Einschwimmen mit Schnorchel von Vorteil, damit sich die einzelnen Technikmerkmale festigen können und während des Hauptteils mit einer größeren Bewegungsqualität weitergeschwommen werden kann.

Verbesserung des Beinschlags:

Das Beinschlagtraining zählt bei den meisten Triathleten nicht unbedingt zu den Dingen, die gerne gemacht werden. Das liegt zum einen an einer mangelnden Beweglichkeit und leider auch daran, dass immer wieder publiziert wird, man brauche im Triathlon keinen Beinschlag. Wenn jetzt noch das Brett zum Beinschlagtraining eingesetzt wird, der Oberkörper also deutlich höher als die Beine liegen und somit die Wasserlage noch schlechter wird, kommen viele Triathleten gar nicht mehr vorwärts und die Frustpackung wird immer größer. Kommt ein Schnorchel zum Einsatz, verbessert sich die Wasserlage durch eine höhere Hüfte signifikant, die Chance, dass der Vortrieb größer wird und die Bewegung lockerer absolviert wird, nimmt deutlich zu. Man kann die Arme hierzu bewusst strecken, um eine sog. Streamline-Position einzunehmen, alternativ aber auch die Arme an die Hüfte anlegen, um die Hüftrotation beim Beinschlag deutlich zu verbessern. Diese Übung nennt man auch Corpse Drill. Sportler, die unter Schulterschmerzen leiden, können erstmals schmerzfreies Beinschlagtraining durchführen, denn durch das Auflegen der Arme auf das Brett werden meist solche Schmerzen in der Schulter provoziert.

Verbesserung der Atmung, Kräftigung des Zwerchfells

Ich kann bei meinen Schwimmseminaren immer wieder beobachten, dass das Ausatmen ins Wasser nur stiefmütterlich stattfindet. Wenn das Ausatmen nicht vollständig im Wasser stattfindet und manchmal sogar über Wasser noch ausgeatmet wird, reduziert sich sukzessive der „Platz“ für frischen Sauerstoff. Der Einsatz eines Schnorchels sorgt dafür, dass der Schwimmer die im Rohr zirkulierende Luft akustisch bewusster wahrnehmen kann. Das Atmen über ein „dünnes Rohr“ führt dazu, dass der Haupt-Atemmuskel, das Zwerchfell, stärker kontrahieren muss. Je kräftiger dieses Zwerchfell ist, desto weniger schnell ermüdet die Atmung beim Schwimmen, aber auch an Land. Daher sollte man als Triathlet das Schwimmen nicht nur halbherzig und notwendiges Übel sehen, denn man hat Benefits durch das Schwimmen für Radfahren und Laufen. Wenn man jetzt noch Reduzierhülsen zur bewussten Einengung des Rohrs nutzt, kann man ganz wunderbar ein sog. Hypoxie- oder Atemmangeltraining durchführen. Wer mit weniger Sauerstoff unterwegs ist, wird langsamer schwimmen, also cool bleiben, wenn die Intervalle langsamer sind als normal!!!

Weihnachten steht vor der Tür, die Anschaffung eines solchen Schnorchels lohnt allemal, zumal man das Gerät auch im Meer einsetzen kann, um die Unterwasserwelt zu erleben. Und wer will nicht gerne auch das Equipment eines Jan Frodeno nutzen;-)

Mario