(Quelle: sportbuzzer.de)
Ich bin in den letzten Wochen immer wieder gefragt worden, was mich als Coach auf die Palme zu bringen scheint.
Ich weiß zwar wirklich nicht, warum das Athleten interessiert, aber ich möchte da gerne Rede und Antwort stehen. Vielleicht haben sie Angst vor mir als Coach, was ich ziemlich merkwürdig fände, da diese
a) unbegründet ist
und
b) ich die Dinge, die mir mißfallen so oder so direkt anspreche.
Mangelnde Kommunikation
Nicht jeder Athlet ist von seiner Persönlichkeit von Haus aus eine „Plappertasche“ und das braucht auch keineswegs so zu sein. Allerdings sollte die Kommunikation von Athletenseite wenigstens die grundlegenden Dinge wie zur Verfügung stehendes Zeitbudget, Befindlichkeiten körperlicher und mentaler Natur und subjektives Empfinden der Trainingseinheit umfassen. Hierzu sind keine langen Prosatexte notwendig, kurze und knappe Infos sind dazu vollkommen ausreichend. Wenn ich von Sportlerseite „alleine gelassen werde“, wenig bis keine Rückmeldung bekomme und auch auf mehrfache Aufforderung meinerseits diesbezüglich wenig kommt, dann fühle ich mich schon verstimmt, weil ich das Gefühl habe, dass meine Arbeit nicht wertgeschätzt wird.
Pushy emails
Wenn ein Sportler an einem Freitag Abend um 22.30 eine Frage bzgl. des Rollwiderstands von bestimmten Reifen stellt und ich für mich denke, dass die Beantwortung durchaus bis Montag warten kann, ich dann aber von Freitag Abend bis Sonntag Abend 4 „friendly reminder“ bekomme, schalte ich auf stur. Ich stehe fast rund um die Uhr zur Verfügung und garantiere, innerhalb von 3 Stunden auf für den jeweiligen Trainingstag relevante Fragen zu antworten. Manche Dinge sind wirklich nicht kriegsentscheidend und haben Zeit!
Social media-Wahn
Wenn ich auf Strava, facebook oder Instagram ganz andere Dinge in Sachen Training oder Wettkampfbericht lese als im Trainingstagebuch niedergeschrieben, muss ich mich schon fragen, welche Vertrauensbasis eigentlich vorhanden ist. Schon mal darüber nachgedacht, warum die besten Athleten (mit Ausnahme der Norweger) selten Inhalte zu ihren Trainingseinheiten veröffentlichen?
Teilen von Trainingsplänen, Texten und Tabellen
Letztendlich „kauft“ ein Athlet meine Dienstleistung und Knowhow. Etwas unschön finde ich jedoch, wenn ich auf social media sehe, dass Freunde dieser Athleten tagesgenau permanent die gleichen Trainingseinheiten posten oder ich auf Texte/Artikel angesprochen werde, die exklusiv für die zahlenden Sportler bestimmt sind. Ganz besonders ärgerlich bzw. eigentlich peinlich finde ich, wenn Sportler auf einmal ihr eigenes Coaching-Business aufbauen und dabei gnadenlos Texte und Trainingseinheiten übernehmen und diese teilweise öffentlich zugänglich machen. Trainingseinheiten können nicht patentrechtlich geschützt werden, ich bin aber grade dabei, mich urheberrechtlich dahingehend juristisch beraten zu lassen.
Zur Erinnerung: mich erfüllt meine Tätigkeit als Coach mit großer Erfüllung, aber am Ende ist es auch Business und ich muss 4 Kinder ernähren. Allerdings scheint im Sport immer noch die Meinung vorzuherrschen, dass man sich alles erlauben kann.
Vorhaltungen in Sachen Trainingskonzept
Als verantwortungsbewusster Trainer hinterfrage ich mich bzw. das angewandte Trainingskonzept permanent und justiere da regelmäßig an den jeweiligen Stellschrauben. Das impliziert nicht, dass ich der Weisheit letzter Schluss wäre und fehlerfrei bin. Man darf und soll mich durchaus hinterfragen. Ich kann es jedoch nicht sonderlich gut leiden, wenn nach Besprechung des Konzepts permanente Einwände kommen, weil der Sportler von Trainingspartnern, social media, Magazinen etc. andere Konzepte für besser empfindet. Am Ende bin ich trotz Diskussions- und Kompromisbereitschaft derjenige, der „das Sagen“ hat, denn ansonsten braucht man auch keinen Trainer zu konsultieren. Die Erfahrung der letzten 15 Jahre zeigt mir, dass sich Leistungsentwicklungen nur dann ergeben, wenn ein beiderseitiges Vertrauen vorhanden ist.
Großzügige Interpretation des Plans
Einen gewissen Freiraum halte ich für Athleten bereit, doch wenn der Trainingsplan zu kreativ interpretiert wird, frage ich mich auch hier, warum man mich als Trainer beauftragt. Hierzu zählt auch, dass man bei Tempoeinheiten das Tempo großzügig übersteigert. Intervalle stehen lediglich für die angewandte Methodik und bedeuten nicht, dass man jedes Mal Erbrochenes im Hals stehen haben oder Sternchen sehen muss. Ein permanent deutliches Steigern der Volumina um über 10% des geplanten Umfangs wäre auch nicht begrüßenswert. Bei einigen Athleten rechne ich den „Schwanzvergleichs-Aufschlag“ von vorneherein ein, wenn ich den Plan erstelle.
Ungeduld
Erfolge stellen sich nicht über Nacht ein. Die Suche nach der Abkürzung zum Erfolg ist vergebene Liebesmüh, denn es gibt sie nicht. Triathlon ist Ausdauersport, hierzu braucht es nicht nur physische Ausdauer, sondern auch mentale Ausdauer, sprich Geduld.
Fazit:
Wenn man sich als Athlet fragt, was man von einem Coach erwartet, sollten sich die o.g. Dinge eigentlich, wie ich finde, verselbständigen, oder?