27. November 2025 Mario Schmidt-Wendling

Fingerpaddles im Schwimmtraining für Triathleten – sinnvolles Techniktool oder trügerische Hilfe?

Fingerpaddles im Schwimmtraining für Triathleten – sinnvolles Techniktool oder trügerische Hilfe?

Fingerpaddles erfreuen sich im Schwimmtraining von Triathleten zunehmender Beliebtheit. Sie sind klein, leicht, scheinbar schonend für Schulter und Ellbogen und sollen gezielt die Wasserlage der Hand verbessern. Doch bei genauerer Betrachtung erfüllen sie viele dieser Versprechen nur bedingt – und können technische Fehler sogar verstärken, statt sie zu korrigieren.

Dieser Artikel beleuchtet kritisch, was Fingerpaddles tatsächlich bewirken, wo ihre Grenzen liegen und wie sie sich im Vergleich zu klassischen Handpaddles schlagen.

Was sind Fingerpaddles – und was sollen sie bewirken?

Fingerpaddles liegen ausschließlich über den Fingern, nicht jedoch über der gesamten Handfläche. Die Idee dahinter:

Der Schwimmer soll „mehr Gefühl für das Wasser“ entwickeln und lernen, Druck besser über die Finger aufzubauen.

Die beworbenen Effekte:

•Verbesserte Wahrnehmung der Wasserlage

•Förderung einer sauberen Druckphase

•Geringere Belastung für Schultern als bei großen Paddles

•Technikfokussierter Einsatz statt Krafttraining

Klingt gut – in der Praxis sieht das jedoch differenzierter aus.

Das zentrale Problem: Fingerpaddles fördern falsche Handgelenkstellungen

Ein entscheidender Schwachpunkt von Fingerpaddles liegt in ihrer biomechanischen Wirkung auf das Handgelenk.

Sie fördern das Abknicken – statt es zu verhindern!!!

Statt eine stabile, neutrale Handhaltung zu unterstützen, begünstigen Fingerpaddles oft:

•das Abknicken des Handgelenks nach hinten

•eine passive Druckführung

•den Kraftansatz über die Finger statt über Unterarm und Handfläche

Da der Widerstand ausschließlich an den Fingern angreift, entsteht ein unnatürlicher Hebel, der das Handgelenk in die Überstreckung zwingt. Der Athlet hat das Gefühl, „Wasser zu greifen“, trainiert aber tatsächlich eine mechanisch ungünstige Position.

Das Ergebnis:

•Fehlbelastung des Gelenks

•geringerer Effekt für den Vortrieb

•erhöhtes Risiko für Sehnen- und Gelenkprobleme im Dauertraining

•Übertragung einer schlechten Technik in das Paddles-freie Schwimmen

Kurz gesagt:

Fingerpaddles fördern nicht die korrekte Armzugmechanik – sie können sie verfälschen.

Für Triathleten besonders problematisch, denn Triathleten haben meist:

•begrenzte Zeit für Techniktraining

•schwächere wasserbezogene Muskulatur

•weniger Routine im Wasser als reine Schwimmer

•höhere Verletzungsanfälligkeit durch hohe Gesamtbelastung

Gerade deshalb benötigen sie saubere Bewegungsmuster und Tools, die Korrektheit fördern – nicht Kompensation. 

Fingerpaddles hingegen:

•suggerieren Technikverbesserung ohne echte Korrektur

•kaschieren strukturelle Defizite

•fördern ineffiziente Zugmuster

Für Technikarbeit sind daher sinnvoller:

•Sculling-Drills

•Einarmübungen

•Paddles mit kleiner Fläche

•Technikschwimmen ohne Hilfsmittel

•Videoanalyse oder Trainerfeedback

Fazit: Fingerpaddles sind kein ideales Werkzeug für Techniktraining

Auch wenn Fingerpaddles populär sind und sich „leicht“ anfühlen – ihr Nutzen ist begrenzt und ihr Risiko nicht zu unterschätzen.

Kritische Schlussbewertung:

•Sie verhindern kein Abknicken des Handgelenks – sie fördern es

•Sie verbessern das Wassergefühl nicht zwangsläufig

•Sie ersetzen kein echtes Techniktraining

•Sie liefern ein falsches Bewegungsfeedback

•Ihr Effekt ist mehr Illusion als Leistungsfaktor

Für Triathleten, die ökonomisch, stabil und verletzungsfrei schwimmen wollen, sind sie daher kein empfohlenes Trainingswerkzeug.

Deutlich sinnvoller:

•klassisch kleine Handpaddles

•Technikdrills ohne Hilfsmittel

•gezielte Wasserlageübungen

•saubere Kraftübertragung über Unterarm und Handfläche

Fingerpaddles im Brustschwimmen – eingeschränkt sinnvoll

Wenn Fingerpaddles überhaupt sinnvoll einsetzbar sind, dann eher im Brustschwimmen. Dort ist ein stärker angewinkeltes Handgelenk Teil der Technik, sodass die durch Fingerpaddles begünstigte Stellung weniger problematisch ist als im Kraul. Der Widerstand an den Fingern kann helfen, den Druck nach außen besser zu spüren.

Dennoch gilt auch hier: Fingerpaddles fördern kein sauberes Technikbild und ersetzen kein strukturiertes Techniktraining. Ihr Nutzen bleibt begrenzt und sollte nur ergänzend gesehen werden.