Nachdem ich einige Bilder und Videos des vergangenen Wochenende von der Challenge Walchsee und der 70.3-WM in Mooloolaba gesehen habe, bin ich mittlerweile ganz klar der Meinung, dass Triathlon mit Windschattenverbot in der bisherigen Art und Weise keine Überlebenschance haben wird.
70.3WM
ETU-EM Challenge Walchsee
Das hilflose Verändern des Reglements bringt keine Linderung des Problems. Der Rolling Start sorgt zwar für etwas Entspannung beim Schwimmen, es finden sich aber sehr schnell wieder Grüppchen von Athleten mit gleicher Rad-Leistungsstärke, so dass das Problem wie bisher existiert. Das, was ich als Zuschauer bei diversen Rennen in 2016 sehen musste, grenzt eher an RTF oder Tour de France. Das Einführen der veränderten Windschattenbox der WTC mit dem erlaubten “Ansaugen” an den Vordermann, ist für mich ein Eingeständnis seitens der Veranstalter, dass man nicht mehr anders Herr der Lage sein kann. Über zu leichte Streckenprofile, zu große Starterfelder will ich mich gar nicht auslassen. Ich will da auch gar kein Ironman-Bashing betreiben, denn bei den Challenge Rennen, die ich zuletzt gesehen habe, war es kein Deut besser.
Apropos Ironman vs. Challenge:
Challenge wird gerne als altruistische Organisation dargestellt, die den Athleten nicht so sehr das Geld aus der Tasche zieht. Vielleicht sollte man die 39,- Startgebühr für einen 10km-Women Run auch mal hinterfragen. Darüber hinaus brüstet sich Challenge damit, dass sie kein Geld für ihre Pro-Lizenz im Gegensatz zu Ironman erhebt. Dass Profis bei den Challenge Rennen aber im Gegensatz zu den startgebühr-befreiten Rennen beim IM Startgeld zahlen müssen, wird nicht erwähnt. Bevor man die große Keule schwingt, sollte man auf jeden Fall erstmal genauer hinschauen!
Ironman versucht mit der “I am TRUE-Kampagne” an den fairen Sportsgeist zu appellieren, doch wenn ich Athleten mit einem solchen Body tattoo an letzter Stelle eines Pulks in entspannter Oberlenkerposition fahren sehe, dann muss man sich wohl leider eingestehen, dass das auch eher in den sinnlosen Bereich zu packen ist. Mittlerweile ist jeder auf der Suche nach einer schnellen Endzeit oder will sich den Traum von Kona erfüllen, koste es, was es wolle. Mich kotzt es selbst an, wenn ich Athleten, die in Hawaii-Schlagdistanz sind, den Hinweis mitgeben muss, dass sie am Rande der Legalität fahren müssen, denn sonst haben sie kaum reellen Chancen, sich auf ehrliche Art und Weise zu qualifizieren. Wenn ich als aussenstehender Coach Athleten sehe, die wie der berühmte Affe auf dem Schleifstein auf ihrem Rad sitzen, dann aber am Ende unrealistisch schnelle Bike-Splits in die Ergebnisliste getreten haben, dann muss ich auch nur 1 und 1 zusammenzählen. Es ist vollkommen falsch, ausschliesslich Verbände und Veranstalter zu kritisieren, man muss die Sportler in die Pflicht nehmen bzw. viel drastischere Strafen aussprechen. Ein paar Minuten Penalty schrecken nicht ausreichend ab. Die Idee der Lauf-Strafrunde bei der Challenge Roth find ich einen gelungen Ansatz, allerdings ist das immer noch zu lasch. Ich plädiere hier für eine Ausweitung von einem zusätzlichen auf drei bis fünf Extra-Kilometer, damit das Ganze richtig weh tut. Des weiteren sollten die Marshalls den Mut haben, mal ganze Pulks aus dem Rennen zu nehmen. Beim IM Frankfurt 2016 hätte man durchaus mal 500-600 disqualifizieren können. Ich denke, dass solch eine Aktion eine durchaus abschreckende Wirkung auf manchen Sportler hätte.
Ironman Frankfurt 2016
Die letzten beiden Punkte werden wohl nie umgesetzt werden, von daher muss man wohl eher sagen, dass man das Windschattenverbot aufheben muss. Zumindest auf der Langdistanz wird bei Windschattenfreigabe der allgemein stärkste Athlet gewinnen, da durch die schiere Länge der Radstrecke das Radfahren immer noch von zentraler Bedeutung sein und einen starken Einfluss auf den nachfolgenden Marathon haben.
Früher war leider alles besser!