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Der sisu-training Blog

Return to Triathlon nach Schwangerschaft

Sportlerinnen und in diesem Blog explizit Triathletinnen finden sich in einer Art Zwickmühle wieder, denn der Zeitpunkt des Leistungszeniths ist dummerweise gleichzeitig auch der Lebensabschnitt, in dem Frauen Kinder auf die Welt bringen können. Dass das eine das andere nicht per se ausschliessen soll, haben bereits einige Top-Athletinnen wie z.B. Mirinda Carfrae, Nicola Spirig und auch Daniela Bleymehl (deren Wiedereinstieg ins Training beispielhaft weiter unten erwähnt wird) gezeigt.

Ein bekanntes Sprichwort besagt, dass eine Schwangerschaft 40 Wochen lang kommt und auch in 40 Wochen wieder geht. Will sagen, dass der weibliche Körper Zeit braucht, um die jeweilige Anpassung zu vollziehen. In den letzten Jahren sieht man verstärkt Athletinnen, die sich schwanger auf social media präsentieren und voller Stolz ihre Trainings während dieser Zeit der Öffentlichkeit präsentieren. Prinzipiell ist Sport in der Schwangerschaft zu begrüßen, die Mehrdurchblutung und der Abtransport der Lymphe durch Bewegung sind klar von Vorteil. Allerdings mit einer Einschränkung in diesem Fall, nämlich der Phase innerhalb der Schwangerschaft angepasst. Pauschale Empfehlungen kann man nur bedingt abgeben, da sich nicht jeder Schwangerschaft vergleichen lässt. Gynäkologen, Hebammen und der klare Menschenverstand geben jedoch vor, dass das Laufen ab einer gewissen Phase der Schwangerschaft nicht mehr zielführend sein kann. Der weibliche Körper wird hormonell auf die bevorstehende Geburt vorbereite, sprich Bänder und Sehnen werden elastischer, um den Geburtskanal ebenfalls zu lockern. Abnehmende Stabilität im Sprunggelenk kann zu Supinationstraumata führen, aber auch aus gynäkologischen Gesichtspunkten heraus sind die beim Laufen auftretenden Stoßbelastungen nicht ungefährlich. Um die Gesundheit von Mutter und ungeborenem Kind nicht zu gefährden, empfiehlt es sich ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr, Laufen zu gehen. Im Triathlon können wir uns auch hier auf den Vorteil der Tatsache, dass wir 3 Sportarten bedienen, berufen und brauchen zum Erhalt der Fitness demnach nicht zwingend das Laufen. Radfahren und Schwimmen als sog. Non-Impact-Sportarten wären demnach zu bevorzugen. Allerdings kann die vorn über gebeugte Haltung auf dem Zeitfahrrad schmerzhaft sein, so dass dann eher auf das Rennrad zurückgegriffen werden sollte. Wird diese Sitzposition dann auch zu unbequem, bietet sich, falls vorhanden, eine gemäßigtere Position auf dem Mountainbike an. Gleichzeitig werden Federgabel und Dämpfung am Hinterrad als bequem empfunden, was weiters die Lust am Sport befördert. Aus Sicherheitsgründen würde ich empfehlen, auf viel befahrene Strassen zu verzichten und eher abseits auf kleinen Strassen oder gut befestigten Wald- oder Wirtschaftswegen zu fahren. Technisch anspruchsvolle Singletrails wären ebenfalls zu meiden. Das Schwimmen stellt die schonendste Sportart dar, kann demnach auch bis unmittelbar vor Geburt durchgeführt werden. Die Auftriebskraft des Wasser lässt das Gefühl der Schwerelosigkeit und Leichtigkeit aufkommen, das sich gerade in der finalen Phase mit dem rapide zunehmenden Körpergewicht als Wohltat rausstellt. Aquajogging bzw. Wassergymnastik wären weitere Alternativen, um für Abwechslung im Trainingsalltag zu sorgen. Bei allen Ausdauersportarten sollte die Intensität wirklich moderat, sprich im Grundlagenausdauerbereich, gewählt werden. Der weibliche Körper leistet mit dem „Bauen“ eines Kindes bereits Unvorstellbares, so dass in meinen Augen jeder additive Stress und insbesondere Hypoxie, vermieden werden sollten. Athletik- und Krafttraining finden für mich keinen Platz im Training für Schwangere. Durch das Überdehnen der Abdominalmuskulatur und der damit entstehenden Rectusdiastase kann die Bauchmuskulatur nur schlecht innerviert werden. Ohne entsprechende Stabilität in der Körpermitte wird das Krafttraining nicht nur qualitativ nachteilig, sondern auch gesundheitlich gefährlich.

Nach überstandener Geburt sollte unbedingt Wochenbett gehalten werden, um sich vom Kraftakt der Geburt ausreichend zu erholen und sich mit der neu entstandenen Lebenssituation zu arrangieren und diese auch wirklich zu genießen. Kaiserschnitt bzw. Dammschnitt stellen Wunden dar, die ausreichende Zeit zur Heilung bedürfen. Ein Training bei Scheidenfluss birgt ein sehr großes Infektionsrisiko in sich. Um den Körper bzw. die Gesundheit nicht nachhaltig durch einen zu frühen Wiedereinstieg zu gefährden, würde ich als frühesten Zeitpunkt 3-4 Wochen nach Geburt ausgeben. Das Einbauen der einzelnen Sportarten sollte dabei umgekehrt zur ausschleichenden Reihenfolge während der Schwangerschaft, also zu Beginn erst Schwimmen, dann Rad, dann Laufen berücksichtigt werden. Gleichzeitig sollte in Rücksprache mit der Nachsorgehebamme das Training der Beckenbodenmuskulatur als Rückbildungsgymnastik besprochen werden. Eine weitere Problemstellung ist mit dem Stillen gegeben. Die Milchproduktion stellt eine großen Energiebedarf dar und wirkt sich nachhaltig auf die Knochensubstanz aus, sprich man hat mit ein größeres Osteoporose- und Ermüdungsbruchrisiko zu rechnen. Das gestiegene Gewicht der weiblichen Brust in Kombination mit der vorherrschenden Schwerkraft braucht somit auch wirklich gute Unterstützung in Form eines sehr gut sitzenden Sport-BHs.

Wie oben bereits angerissen, möchte ich hier kurz die Zusammenarbeit mit Daniela Bleymehl während der Schwangerschaft und im ersten Jahr nach Geburt beleuchten.
Wir haben uns entschieden, für die Zeit der Schwangerschaft auf wöchentlich individuelle Trainingspläne zu verzichten, haben stattdessen die o.g. Prinzipien besprochen. Tagesgenaue Pläne machen für mich dabei wenig Sinn, denn das Wohlbefinden einer schwangeren Athletin steht klar im Vordergrund. Ein Nichtbefolgen solcher Pläne bedeutet Stress, den wir dringend vermeiden wollten. Dani hat recht früh das Laufen eingestellt, ist stattdessen MTB gefahren und bis unmittelbar vor der Geburt noch locker geschwommen. Die Intensitäten waren HF-gesteuert alle im unteren Bereich angesiedelt. 3 Wochen nach Geburt hat Dani begonnen, sich ganz moderat zu bewegen. Spaziergänge und erste zaghafte Versuche auf dem MTB und im Wasser waren hierbei angezeigt. Ab der 4.Woche haben wir das gemeinsame Training mit Struktur wieder aufgenommen. Schwimmen und Rolle waren dabei die einzigen Sportarten auf dem Plan. Nach ca. 3 Wochen ist dann der Plan gereift, die Vorbereitung für den Ironman South Africa konkreter aufzunehmen. Teil dieser Planungen war es für mich, Benchmarks zu definieren. In den folgenden Wochen gab es meistens in alle 3 Disziplinen Kennzahlen, die Daniela treffen sollte, um sicherzustellen, dass wir auf dem richtigen Weg im Hinblick auf die African Championships sind. Diese Kennzahlen konnten bestimmte Intensitäten, aber auch Volumina umfassen. Besonderer Fokus lag dabei auf das gesunde und nachhaltige Zurückführen an die Laufbelastungen vor der Schwangerschaft. Wir sind initial mit Einheiten von 20min Dauer gestartet, haben dabei das Laufen immer wieder durch Gehabsschnitte unterbrochen, um die kumulierte orthopädische Last des Laufens zu verringern. Nach und nach wurden die Gehpause geringer, die Laufanteile und die Gesamtdauer der Laufeinheiten ebenfalls länger. Prämisse an dieser Stelle war, möglichst wachsam zu bleiben, sprich bei auftretenden Problemen oder „komischen Gefühlen“ im Bewegungsapparat, das Laufen dann direkt abzubrechen. Das Laufen wurde nach einem On/Off-Schema strukturiert, sprich auf einem Tag Laufbelastung folgt ein lauffreier Tag usw.
Das Ganze wurde stark durch ein Rückbildungsprogramm ergänzt. Mit fortlaufender Dauer wurden immer mehr Anteile Athletik implementiert.

Dani hat in all diesen Wochen zu fast 100% diese Kennzahlen getroffen, 2 Trainingslager auf Lanzarote mit viel Volumen waren hilfreich, um die Form für den Ironman South Africa zu schleifen. Wenn man bedenkt, dass sie seit Geburt ihrer Tochter Alicia wohl keine Nacht normal durchgeschlafen hat, den Alltag mit Betreuung immer wieder organisieren muss, gestillt hat, kann man sich vorstellen, wie komplex eine solche Trainingsplanung in diesem speziellen Fall ist. Der erhöhte Energiebedarf durch das Stillen sollte man dabei auf keinen Fall außer Acht lassen, auf wirklich ausreichende Energieaufnahme ist dabei zu achten, um die Milchproduktion, Regeneration, Trainingswirksamkeit und die Knochengesundheit sicherzustellen. Leider findet man hierzu keine wissenschaftlichen Paper, um den zusätzlichen Energiebedarf zu berechnen, das erfolgt dann eher nach Gefühl. Generell gibt es zum Thema Rückkehr in den Sport nach Schwangerschaft relativ wenige Studien, die wenigen beinhalten dann leider nicht Weltklassesportlerinnen als Probandinnen.

Abschließend möchte ich mich an der Stelle vor Dani verneigen, denn wie sie dieses erste Jahr nach der Geburt mit all den Schwierigkeiten gemeistert hat, ist einfach nur beeindruckend. Vor Ablauf des ersten Jahres nach Geburt zwei Ironman-Rennen ( South Africa und Frankfurt) gewonnen zu haben, ist einfach nur grandios. Ich bin sehr glücklich über die Tatsache, dass wir einen sehr konservativen Weg gewählt haben, nicht zu schnell zu viel an Volumen und Intensität eingebaut haben und gewährleisten konnten, dass keine gesundheitlichen Probleme aufgetreten sind. Manch andere Profi-Athletin hat mit zu rapidem Wiedereinstieg ins Training mit viel Volumen und zu frühen Wettkämpfen nach Geburt einen sehr hohen Preis mit Ermüdungsbrüchen und gynäkologischen Problemen bezahlt. Für mich stellt das ein vollkommen falsches Signal für werdende Mütter dar, denn es suggeriert, dass man in der Schwangerschaft normal trainieren kann und auch möglichst schnell danach wieder auf die Füße kommen kann. Ich habe manchmal den Eindruck, dass unter Athletinnen die Schwangerschaft oft eher als Bürde und weniger als Geschenk der Natur, das es am Ende einfach auch ist (als 4-facher Vater kann ich das durchaus beurteilen), empfinden.

Ich bin sehr dankbar, glücklich und stolz, meinen bescheidenen Beitrag zu Danis fulminanten Comeback mit 2 Siegen bei Ironman-Rennen in diesem sehr speziellen Jahr geleistet zu haben.

Hier einige Paper zu diesem Thema:

Ardern, C., Glasgow, P., Schneiders, A., Witvrouw, E., Clarsen, B., Cools, A., Gojanovic, B., Griffin, S., Khan, K., Moksnes, H., Mutch, S., Phillips, N., Reurink, G., Sadler, R., Grävare Silbernagel, K., Thorborg, K., Wangensteen, A., Wilk, K. and Bizzini, M. (2016). 2016 Consensus statement on return to sport from the First World Congress in Sports Physical Therapy, Bern. British Journal of Sports Medicine, 50(14), pp.853-864.

Bø, K. Artal, R., Barakat, R., Brown, W. J., Davies, G. A. L., Dooley, M., Evenson, K. R., Haakstad, L. A. H., Kayser, B., Kinnunen, T. I., Larsénm K., Mottola, M. F., Nygaard, I., van Poppel, M., Stuge, B., Khan, K. M. (2017) Exercise and pregnancy in recreational and elite athletes: 2016/17 evidence summary from the IOC Expert Group Meeting, Lausanne. Part 3-exercise in the postpartum period. Br J Sports Med 51(21), pp.1516-1525.

Dudgeon, E. (2019). Relative energy deficiency in sport (RED-S): recognition and next steps. [Blog] BJSM. Available at: https://blogs.bmj.com/bjsm/2019/04/22/relative-energy-deficiency-in-sport-red-s-recognition-and-next-steps/ [Accessed 25 Apr. 2019].

Goom, T.,  Donnelly, G. and Brockwell, E. (2019) Returning to running postnatal – guideline for medical, health and fitness professionals managing this population. [https://mailchi.mp/38feb9423b2d/returning-to-running-postnatal-guideline]

Ergebnisse KW 30-22

Die KW 30 stand eigentlich im Zeichen der ersten Austragung des 70.3 Dresden, der ja leider sehr kurzfristig abgesagt worden ist. Nach diversen Gesprächen haben sich einiger der dort gemeldeten Sportler für Alternativwettkämpfe entscheiden können, so auch Willy Hirsch, der seine aktuell sehr starke Form mit einem Sieg und Streckenrekord beim Müritz Triathlon unterstreichen konnte. Schade, dass er diese nicht in Dresden zeigen konnte, wäre auf jeden Fall sehr interessant geworden. Hätte, hätte, Fahrradkette…

Ein weiteres Highlight war der 9.Platz von Lars Lensdorf in der AK50 beim legendären Triathlon in Alpe d’Huez. Drafting war dort wohl ein untergeordnetes Problem;-)

Alle Finishern herzlichen Glückwunsch zu den starken Leistungen.

Ergebnisse KW 28-22

Auch die 28.Woche brachte wieder sehr starke Ergebnisse. Besonders hervorzuheben sind der 2.Platz von Marc Eggeling bei der Mitteldistanz des Trumer Triathlons hinter Ruben Zepuntke und der 6.Platz von Willy Hirsch beim Triathlon-Bundesliga-Rennen am Schliersee auf sehr schweren Kurs. Den Anstieg zum Spitzingsattel erklomm Willy dabei mit erstaunlichen 5,28W/kg Körpergewicht. Herzlichen Glückwunsch an alle!!!


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Verstärkung gesucht: Office Manager:in (m/w/d)

Das seit 2004 in Frankfurt am Main ansässige Trainingsinstitut für Triathlon und Ausdauersport zählt zu den weltweit erfolgreichsten Anbietern auf dem Gebiet des Coachings und der Trainingsplanung für Altersklassenathleten mit Schwerpunkt Langdistanz.

Wir suchen zur Verstärkung unseres Teams ab sofort:
Office Manager:in (m/w/d) initial als Minijob, jedoch mit Perspektive auf eine Erweiterung des Tätigkeitsbereichs und entsprechender Vergütung.

Die Aufgaben umfassen:

– Planung und Organisation sportlicher Training-Events
– Pflegen und Weiterentwicklung von Excel-Sheets
– Terminkoordination
– Organisation und Ansprechpartner für das TEAM sisu-training im Ironman® TriClub-Programm
– 4 bis 6x pro Jahr Versand von Textilien etc.
– jährliche Inventur
– Pflege des CRM-Systems
– Optimierung der bestehenden Arbeitsprozesse

Qualifikation:

Obwohl wir im Sport tätig sind, ist es für diese Tätigkeit nicht zwingend notwendig, selbst Triathlet:in zu sein. MS Office-Kenntnisse, insbesondere sehr fortgeschrittene in MS Excel sind verpflichtend, sehr gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift ebenfalls.

Wir bieten:
Einen Remote-Arbeitsplatz bei flexibler Zeiteinteilung, jedoch mit monatlicher Präsenz in Frankfurt und Perspektive auf ein erweitertes Anstellungsangebot, Mitwirkung an der Weiterentwicklung von sisu-training und Teil eines der weltweit erfolgreichsten Ironman® TriClub Teams zu werden.

Wenn du dich selbst als teamfähig, dienstleistungsorientiert und flexibel betrachtest, dann würden wir uns über eine aussagekräftige Bewerbung ausschliesslich per email an Mario Schmidt-Wendling msw@sisu-training.de freuen.

Zyklusbasiertes Training- Funktioniert das denn eigentlich?

In den letzten Jahren ist vermehrt das zyklusabhängige Training in die breite Sportöffentlichkeit gelangt. Das Buch „Roar“ von Stacy Sims hat extrem viel dazu beitragen können, dass das Thema Menstruation im Sport aus der Tabuecke kommt.

Bitter, dass man erst vor einigen Jahren verstanden hat, dass Studien im Sport nicht nur mit männlichen Probanden durchgeführt werden sollten, da es zum Teil elementare geschlechterspezifische Unterschiede gibt. Ich habe lange im Rahmen der Recherche zu meinem Buch nach wissenschaftlichen Arbeiten gesucht, die eine klare Handlungsempfehlung hinsichtlich des Trainings in Anpassung des weiblichen Zyklus ausgeben. Zuvor hatte ich bereits mehrere Male das Vergnügen, der Gynäkologin und aktiven Triathletin Dr. Susanne Weber bei unterschiedlichen Anlässen, u.a im Rahmen der Trainerausbildung der DTU, zu diesem Thema referierend zuzuhören.

In der täglichen Arbeit als Coach habe ich bereits vor Jahren begonnen, den Menstruationszyklus zu erfragen, habe in meinem Anamnesebogen, der zu Beginn der gemeinsamen Zusammenarbeit auszufüllen ist, eine entsprechende Rubrik eingebaut. Bei Athletinnen, die rückgemeldet haben, dass sie stärker durch PMS oder Blutungen betroffen sind, lasse ich mir im Trainingstagebuch den Zyklustag angeben. Bei Athletinnen, die zusätzlich mittels HRV-Kontrolle gecoacht werden, kann man den Zyklus i.d.R. recht gut an den HRV-Werten beobachten.

Im Rahmen der angebotenen Sweat Tests habe ich bei weiblichen Probanden immer wieder auf die zyklusabhängigen Differenzen hingewiesen.

Garcia AM, Lacerda MG, Fonseca IA, Reis FM, Rodrigues LO, Silami-Garcia E. Luteal phase of the menstrual cycle increases sweating rate during exercise. Braz J Med Biol Res. 2006 Sep;39(9):1255-61. doi: 10.1590/s0100-879×2006005000007. PMID: 16981051.

Ichinose-Kuwahara T, Inoue Y, Iseki Y, Hara S, Ogura Y, Kondo N. Sex differences in the effects of physical training on sweat gland responses during a graded exercise. Exp Physiol. 2010 Oct;95(10):1026-32. doi: 10.1113/expphysiol.2010.053710. Epub 2010 Aug 9. PMID: 20696786.

Sims ST, Rehrer NJ, Bell ML, Cotter JD. Preexercise sodium loading aids fluid balance and endurance for women exercising in the heat. J Appl Physiol (1985). 2007 Aug;103(2):534-41. doi: 10.1152/japplphysiol.01203.2006. Epub 2007 Apr 26. PMID: 17463297.

Sims ST, Rehrer NJ, Bell ML, Cotter JD. Endogenous and exogenous female sex hormones and renal electrolyte handling: effects of an acute sodium load on plasma volume at rest. J Appl Physiol (1985). 2008 Jul;105(1):121-7. doi: 10.1152/japplphysiol.01331.2007. Epub 2008 Apr 24. PMID: 18436693.

Moderne Activity- oder Health Tracker wie der Oura Ring oder Whoop proklamieren, dass an Hand der gemessenen Temperatur Rückschlüsse zum Zyklus möglich wären.

Oura
Whoop

Das Messen und Bestimmen des Zyklus ist wichtig und richtig, doch wie sieht es mit dem Übertrag in die Sportpraxis aus? Gibt es ausreichende Evidenzen und wirklich fundierte Handlungsempfehlungen oder ist das Ganze doch eher als Narrativ zu werten?

McNulty KL, Elliott-Sale KJ, Dolan E, Swinton PA, Ansdell P, Goodall S, Thomas K, Hicks KM. The Effects of Menstrual Cycle Phase on Exercise Performance in Eumenorrheic Women: A Systematic Review and Meta-Analysis. Sports Med. 2020 Oct;50(10):1813-1827. doi: 10.1007/s40279-020-01319-3. PMID: 32661839; PMCID: PMC7497427.

Brown N, Knight CJ, Forrest Née Whyte LJ. Elite female athletes’ experiences and perceptions of the menstrual cycle on training and sport performance. Scand J Med Sci Sports. 2021 Jan;31(1):52-69. doi: 10.1111/sms.13818. Epub 2020 Sep 19. PMID: 32881097

Meignié A, Duclos M, Carling C, Orhant E, Provost P, Toussaint JF, Antero J. The Effects of Menstrual Cycle Phase on Elite Athlete Performance: A Critical and Systematic Review. Front Physiol. 2021 May 19;12:654585. doi: 10.3389/fphys.2021.654585. PMID: 34093223; PMCID: PMC8170151.

Wie siehts mit dem Einsatz der Pille aus? Man liest immer wieder, dass der Einsatz der oralen Kontrazeptiva nicht förderlich für Athletinnen wäre und die Leistungsfähigkeit herabsetze.
Hier ein Beispiel, dass man mit solchen Aussagen auch eher zurückhaltend umgehen sollte.

Elliott-Sale KJ, McNulty KL, Ansdell P, Goodall S, Hicks KM, Thomas K, Swinton PA, Dolan E. The Effects of Oral Contraceptives on Exercise Performance in Women: A Systematic Review and Meta-analysis. Sports Med. 2020 Oct;50(10):1785-1812. doi: 10.1007/s40279-020-01317-5. PMID: 32666247; PMCID: PMC7497464.

Losgelöst davon, denke ich, dass die Entscheidung einer Athletin, ob sie mit der Pille verhütet oder nicht, nicht vom Trainer getroffen werden sollte. In meinen Augen gehört das klar in Gynäkologenhände.

Ich denke, die dargestellte Auswahl zeigt, dass das Thema nicht so ganz einfach umsetzbar ist, wie es heute in den Sozialen Medien und in der Trivialliteratur immer wieder dargestellt wird. Die Wissenschaft, und das ist das wirklich Skandalöse dabei, steckt auch im Jahr 2022 immer noch in den Kinderschuhen. Es braucht offensichtlich noch Zeit und mehr Power, sprich Forschungsgelder, um dieses so wichtige Thema weiter nach vorne zu bringen. Am Ende bleibt die Frage offen, ob Studien hierzu am Ende zu einer pauschalen Empfehlung führen können, denn die Problematik scheint wirklich höchstindividuell zu sein. Bis es weitere Empfehlungen in diese Richtung gibt, bleibe ich bei meiner bisher angewandten Strategie und bringe die zwei wichtigsten Tools im Werkzeugkoffer eines Coaches zum Einsatz: Ohr und Zunge
Die Kommunikation und das Gestalten des Trainings miteinander funktioniert meiner Meinung nach besser als das einfache Einteilen des Zyklus in bestimmte Phasen, die dann auch nur mit bestimmten Trainingsinhalten bestückt sein dürfen.

2022- Ziele statt Zahlen. Ein Plädoyer für die Kontinuität im Training

Pünktlich mit dem Jahresbeginn häufen sich die mails mit neu definierten Zielen, Änderungen und Wünschen für die bevorstehende Saison. Daher hier mal ein paar Gedanken meinerseits zu dem Thema.

Wie bereits unendlich oft gepredigt, ist das entscheidende Kriterium hinsichtlich der Leistungsentwicklung ganz klar in der Kontinuität im Training. Je regelmäßiger man das Training bewältigt und adäquat verarbeitet, also regeneriert bekommt, desto eher kann man sich mit einer soliden und stabilen Leistungsfähigkeit belohnen.

Doch wenn es jetzt nur nach dem Prinzip consistency is key laufen würde, könnten alle Athlet:innen auch Rennen gewinnen und erfolgreich sein. Doch genau da liegt der Hase im Pfeffer, denn konsistent zu sein, ist eben nicht ganz einfach und braucht einige Punkte in der Umsetzung, die ich euch nicht vorenthalten möchte:

Eine realistisch formulierte Zielsetzung, für die man auch das notwendige Commitment aufbringen kann. So lassen sich beispielsweise sub9-Finishes nicht eben mit 1-2 Schwimmeinheiten pro Woche und Auslassen der Athletik-und Mobilityeinheiten erzielen. Manche Einheiten machen keinen Spaß, erfüllen aber einen Zweck. Wer nicht bereit ist, seine Komfortzone zu verlassen, sollte seine selbst gesteckten Ziele abermals überdenken.
Es braucht ein realistisches Zeitbudget, dass man sicher abbilden kann, ohne dabei seine Beziehung/Ehe, seinen Job und Freunde zu vernachlässigen oder zu gefährden.
Triathlet:in zu sein, ist eine 24/7-Aufgabe. Um diese Aufgabe optimal zu erfüllen, braucht es eine gesunde Umgebung mit Menschen, die auf diesem Weg unterstützen. Es braucht eine Umgebung, in der sich die Athlet:in wohl fühlt, in der Faktoren wie Arbeitsbelastung, Familie, Ernährung, Schlaf und Training in Balance sind. Ideal wäre ein Zustand, wie man ihn aus dem Trainingslager kennt, eine Zeit mit vollem Fokus auf Sport ohne externe Stressoren. Da dies nicht immer abbildbar ist, ist selbsterklärend, doch eine Optimierung in diesen Lebensbereichen kann und sollte man dennoch anstreben.
Der beste Trainingsplan auf diesem Planeten bringt nichts, wenn die Regeneration nicht ausreichend gewährleistet ist. Dazu braucht es eine präzise Intensitätskontrolle und eine große Disziplin, um nichts in das leider zu oft anzutreffende Verhaltensmusters des viel zu schnellen Trainingstempo zu verfallen. Gerade im Grundlagenbereich wird leider zu oft viel zu schnell trainiert. Außer einer kumulierten Belastung und vergrößertem Verletzungsrisiko passiert bzgl. der Leistungsentwicklung eher weniger. Das Phänomen des sog. Schnittlauchs, also von Athlet:innen, die immer einen bestimmten Schnitt am Ende des Trainings auf der Uhr haben müssen, ist leider sehr weit verbreitet. Um sicherzustellen, dass ein möglichst hoher IST-Wert des geplanten Trainings sicher und gesund erzielt wird, sprich die consistency zu erzielen, macht es durchaus Sinn, im GA 1 langsamer zu trainieren. Verletzungen und Krankheiten bedeuten Trainingsausfall und gefährden dieses gleichmäßige Training über das ganze Jahr hinweg. Aus empirischer Sicht kann ich sagen, dass bestimmt 80-85% der zu schnell trainierenden Schnittlauche leider nie ihre selbst gesteckten Ziele erreichen werden.

Ziele sind wichtig und helfen, die Dinge richtig einzuordnen. Bitte überdenkt alle, ob das Erreichen bestimmter Kennzahlen im Training ( Schnitt, Watt etc.) immer so notwendig ist oder ob es nicht wichtiger ist, am nachhaltigen, gesunden und zielführenden Trainingsprozess festzuhalten.

Train smart, sometimes (!!!!) hard
Mario

Saisonstatistik/ Ironman® TriClub Wertung

Das Jahr 2021 neigt sich dem Ende zu, Silvesterläufe finden corona-bedingt leider nicht statt, so dass ich auch jetzt schon “Kassensturz” machen und das zurückliegende Jahr Revue passieren lassen kann. 2021 war mit einer stark komprimierten Wettkampfperiode eigentlich erst richtig ab Juli in Schwung kommend, sehr erfolgreich. Ich habe die einzelnen Wettkampfergebnisse nach unterschiedlichen Kriterien zusammengefasst. Darüber hinaus hab ich einen Blick auf das diesjährige Ironman@ TriClub Ranking geworfen. Nach 3 Weltmeistertiteln ist dieses Jahr in der Division III (75 bis 125 Athleten) ein starker Bronze-Rang rausgesprungen. Wenn man die vorherrschenden Reiserestriktionen und die gegenüber der amerikanischen Teams deutlich geringere Anzahl an zu “racenden” Rennen im Kontext sieht, relativiert sich dieser 3.Platz nochmals deutlich. Generell ist ein starker Rückgang der Anzahl der Rennen in 2020 und 2021 sichtbar, Covid19 ist hier ein deutlicher Schlag ins Kontor.

Ironman@ TriClub Ranking

Das TEAM sisu-training konnte in 2021 als bestes europäisches Team über alle 5 Divisionen hinweg einen sehr starken 17.Gesamtrang erzielen, die Division III wurde als 3. beendet und dabei gleichzeitig die Führung im “deutschen Ranking” wie seit 2016 durchweg auch behauptet.

Global

Division III

“Deutsches Ranking”

Wie in den Jahren zuvor auch, habe ich die mir die Teams auf dem Podium aus allen 5 Ligen angeschaut, um Informationen bzgl. der durchschnittlichen Punktzahl pro eingebrachtes Rennen zu erhalten. Das Globale Ranking ist per se nur an quantitatives Ranking ohne Bezugnahme der Leistung der einzelnen Athleten. Wenn man sich die Mühe macht und die avg.-Punkte ausrechnet, sieht man, welche Qualität wir dieses Jahr erneut gezeigt haben.

Viele Zahlen, viele bunte Farben, noch mehr glückliche Momente in diesem Jahr. Danke an jeden einzelnen Athleten für den Vertrauensvorschuss und die Möglichkeit, diesen wunderbaren Job ausüben zu dürfen.
Alles Gute für 2022, bleibt gesund!
Mario

“Triathlon-Erfolg auf der Langdistanz”

Voller Freude (und auch ein wenig Stolz) darf ich die Veröffentlichung meines Buches “Triathlon- Erfolg auf der Langdistanz” heute verkünden.
Knapp 2 Jahre Arbeit von Beginn des Projekts bis zur Veröffentlichung hat es gebraucht, ca. 1700 Stunden Arbeit in Form von Recherchieren, Gliedern, Schreiben, Skizzieren sind in Summe zusammengekommen.
Großer Dank gebührt dem Meyer& Meyer-Verlag für den Vertrauensvorschuss, Dennis Sandig (WIKO der DTU) für ein offenes Ohr, Dustin Nicolai für die Erstellung der Illustrationen und Claudia Klasing Pandolfi ( The lime drop ) für die graphische Umsetzung meiner skizzierten Infographiken und der Covergestaltung, die dem Buch einen besonderen Look gegeben haben.

Hier einige Bilder zur Entwicklung des Ganzen von Gliederung bis hin zur Fertigstellung










Hier eine Vorschau:
Blick ins Buch

Erhältlich im Buchhandel um die Ecke oder Online
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Triathlon im Jahr 2021- irgendwas ist anders

Mit großer Aufmerksamkeit verfolge ich die Ergebnisse dieses Jahres. Mein Fokus liegt auf der Langdistanz, zum einen in der Nachbetrachtung der Ergebnislisten, aber auch durch Beobachtung am Streckenrand. Dabei ergeben sich für mich, auch jetzt schon vor Ende der Saison 2021, einige interessante Muster, die ich gesehen habe und dich ich mir abzuleiten versuche.

Streckenlängen:

Bei durchschnittlich 90 gecoachten Langdistanzrennen pro Jahr und im Abgleich mit den öffentlichen Strava-Files sehe ich doch eine größere Menge an Wettkampfdaten. Dabei kann man beobachten, dass es z.T. Abweichungen über die, wie ich finde, normale Toleranz hinaus gibt. Was die genauen Hintergründe für oft zu kurze Strecken sind, bleibt mir verborgen. Gerade beim Laufen sollte es in meinen Augen möglich sein, eine möglichst genaue Strecke bauen zu können. Vermutlich möchten die Veranstalter schnelle Zeiten gewährleisten, wobei in meinen Augen Bestzeiten im Triathlon eh eher eine untergeordnete Rolle spielen sollten, da es nur sehr bedingt eine Vergleichbarkeit von Strecke zu Strecke bzw. bei unterschiedlichen Witterungsbedingungen geben kann.

Anzahl der Wettkämpfe 70.3 und Langdistanz

Mit etwas Staunen sieht man gehäufter, dass Athleten eine größere Anzahl an Rennen über die o.g. Wettkampfdistanzen absolvieren. Im Profibereich fallen mir da spontan Athleten wie Lionel Sanders, David Plese oder Laura Philipp ein, die eine große Anzahl an Rennen in kurzer zeitlicher Abfolge und veritablen Resultaten bestreiten. Zum einen ist die 21er-Saison coronabedingt deutlich komprimiert und es gibt immer noch Reisebeschränkungen, die eine gewohnte Wettkampfplanung etwas konterkarieren. Zum anderen scheinen die neueren Schuhmodelle eine schnellere orthopädische Regeneration zu gewährleisten, doch darauf komme ich später nochmals zu sprechen. Für mich schwerer nachvollziehbar bleibt die Tatsache, wie solche Athleten es motivatonal auf die Reihe bekommen, in solch kurzen Zeiträumen wieder genügend Fokus und die Bereitschaft, „sich in die Fresse zu hauen“ finden können. Ob sich solch kurze Regenerationszeiten zwischen den Wettkämpfen doch negativ auswirken, Verletzungen oder mentalen Burn out fördern und am Ende karriereverkürzend sind (insbesondere bei bestehender Verletzungsanfälligkeit), wird wohl die Zukunft zeigen.

Schwimmen:

Als Profi-Athlet hatte man in den diversen Lockdowns keine bzw. kaum Einschränkungen hinsichtlich der Schwimmbadnutzung zu beklagen, so dass sich in meinen Augen keine Unterschiede zu vorherigen Jahren manifestiert hat. Allerdings beobachte ich immer mehr, wie wichtig das Schwimmen in Bezug auf Renngestaltung und Gesamtergebnis wird. Mittlerweile gibt es kaum noch Möglichkeiten, als Über-Biker dem Rennen einen Stempel aufzudrücken, wenn man nach dem Schwimmen bereits abgehängt ist. Kameramotorräder und Fahren in der Gruppe (mit hoffentlich regelkonformen Abständen) erschweren eine solche Aufholjagd. In den Altersklassen sehe ich pandemiegeschuldet einen leichten Rückgang in den Schwimmzeiten. Sportler, die von Haus aus schlechtere Schwimmer sind, leiden dabei offenbar mehr unter den Monaten ohne Schwimmtraining, während gute Schwimmer den Rückstand aus dem Winter leichter wettmachen konnten. Fehlende Schwimmkilometer resultieren oft in einem Rückgang in der Ökonomie, so dass zum Temporückgang gleichzeitig ein erhöhter Energieverbrauch zu erwarten ist. Interessanterweise habe ich diese Saison mehrfach gelesen, dass Sportler in der ersten Stunde auf dem Rad subjektiv deutlich mehr Energie von außen nachführen mussten als in den Jahren zuvor. Das könnte u.U. ein Indiz für einen erhöhten Energieverbrauch beim Schwimmen sein.

Rad:

Die Zeit der Monster-Biker scheint tendenziell eher vorbei zu sein. Wie oben bereits erwähnt, ist das Schwimmen immens wichtig geworden. Aber auch der Vorteil einer möglichst aerodynamischen Sitzposition und dem Tuning des Materials ist nicht mehr wirklich gegeben. Man sieht, dass sehr viele Athleten unter den Profis, aber auch Age Groupern ihre Hausaufgaben in diese Richtung mit Bravour gemacht haben und die wettkampffreie Zeit offensichtlich zum Tüfteln am Material genutzt zu haben scheinen. Im Gegensatz zu den Vorjahren findet man immer weniger Athleten, die wie der berühmte Affe auf dem Schleifstein sitzen. Die Rad-Splits sind in meiner Wahrnehmung bei den Altersklassensportlern in Relation zu den Profis schneller geworden. Ein Grund hierfür könnte neben dem Optimieren des Materials die Tatsache sein, dass wegen der Schwimmbadschließungen und dem Arbeiten im Homeoffice deutlich mehr Kilometer auf dem Rad absolviert wurden. Gerade in 2020 mit der Aussicht auf keine Wettkämpfe haben viele Athleten an der Entwicklung der Grundlagenausdauer gearbeitet, was sich durchaus in 2021 ausgezahlt haben könnte.

Lauf:

Den für mich größten Leistungssprung sieht man in der 3. Disziplin, also im Laufen. 2h35 ist das neue 2h42 bei den Männern, bei den weiblichen Athletinnen entspricht eine 2h4 einer 2h52 aus den Vorjahren. Selbst sub 2h50 im Altersklassenbereich sind mittlerweile immer wieder zu sehen. Die Anzahl derer, die unter 3h00 laufen nimmt stetig zu. Ich vermute zum einen, dass das mit einem besser entwickelten Radfahren bei gleichzeitig geringerem Kohlenhydratverbrauch und „Schützen“ der Glykogenreserven zu erklären sein könnte. Ein absoluter Game Changer stellen jedoch die Carbon-Laufschuhe dar. Ich würde ins Blaue hinein die zeitlichen Leistungsgewinne bei den Profis mit 3-5 min beziffern, im Altersklassenbereich evtl. eher bei 7-10 min. Mittlerweile gibt es zu den diversen Schuhmodellen schon zig Tests (u.a. von der Triathlon Crew Cologne) , die das Einsparen bzgl. Sauerstoffverbrauch nachgewiesen haben. Jedoch wurden alle Test in frischem Zustand absolviert. Ich vermute, dass der Katapulteffekt der Schuhe noch deutlicher zum Vorschein kommt, wenn der Unterschenkel schon „Brei“ ist, man also entsprechend vorermüdet nach 180km vom Rad steigt. Mir wird immer mehr rückgemeldet, dass sich die Beine nach dem Wettkampf frischer mit Carbon-Schuhen als herkömmlichen Schuhen anfühlen.

(Foto: nike.com)

Wettkampfberichte in den Sozialen Medien:

Der am meist gelesene Satz in den Sozialen Medien in 2021, wenn ein Rennen nicht den Erwartungen entsprochen hat, ist: „Ich habe meine Eigenverpflegung/Nutrition unterwegs verloren“. Ich wundere mich, wie vielen Sportlern das immer wieder passiert und frage mich, ob sie sich nicht ausreichend vorbereitet oder nachgedacht haben. Für mich gehört klar zur Vorbereitung dazu, dass ich mich mit den von Veranstalterseite ausgegebenen Gels, Getränke etc. auseinandergesetzt, mir diese besorgt und im Training auf Verträglichkeit getestet habe, um im Falle des Verlusts auf eben genau diese Produkte von außen zurückgreifen kann. Unverständlich bleibt, warum die Eigenverpflegung nicht so verstaut wird, dass sie eben nicht abhanden kommt. Die meisten TT-Räder verfügen über integrierte Trinksysteme, wieso packt man dann seine Nutrition in die Flasche im Rahmendreieck oder hinter den Sattel?

Ironman TriClub Global Ranking:
Die Einreisebeschränkungen in/aus einigen Ländern führen nicht wirklich zu einer globalen Chancengleichheit. Das Ranking zeigt leider recht deutlich, dass Clubs außerhalb der USA eher chancenlos sind, denn 2021 fanden und finden in den USA signifikant mehr Rennen als in Europa statt. Eine 70.3- Weltmeisterschaft für Age Grouper war in 2021 eigentlich eher utopisch in der Durchführung. Teilnehmen konnten nur Athleten, die sich 2 Wochen vor Einreise in einem Land außerhalb des Schengenraums aufgehalten haben. Bleibt die Frage, was der WM-Titel in den Altersklassen dann wirklich wert ist, wenn die Restriktionen nicht für jeden Sportler überwindbar sind.

Fazit:

Corona ist und bleibt ein Blödmann. Aber jede Krise hat ja bekanntlich einen Gewinner und das scheinen die Athleten zu sein, die konsequent an den diversen Baustellen in der wettkampffreien Zeit gearbeitet haben.

Alles getan, am Ende doch nicht dafür belohnt worden.

Ich verneige mich in großem Respekt vor Samuel Hürzelers Leistung und seiner Einstellung zum Sport. Der Ironman Thun war als großes Highlight des Jahres gedacht, wir haben im Vorfeld in Sachen Training alle Register gezogen, Heat adaptation, Aerotest, Höhentraining usw. in unsere Planungen bedacht. Ich habe in 17 Jahren als Coach selten einen Sportler mit solch bedingungslosem Einsatz und wirklich hochprofessioneller Einstellung zu seinem Beruf als Profi-Athlet erleben können. Nach dem 9. Platz beim Ironman Tulsa und dem 7. Sieg beim Inferno Triathlon haben wir im Training an allen Stellschrauben gedreht, um mit einer weiteren Top-Leistung beim Ironman Switzerland, quasi in Sämis Wohnzimmer, aufzuwarten.

(photo credit: Janosch Abel)

Das Schwimmen war leider mit 3000m doch deutlich zu kurz, es hat sich aber dennoch recht schnell eine Spitzengruppe gebildet, in der Sämi als 2. aus dem Thuner See gestiegen ist. In dieser Konstellation ging es zum Radfahren. Wir haben vorab mehrere Taktikmöglichkeiten für das Rennen durchgesprochen. Relativ früh im Rennen konnte er erste Akzente und Attacken setzen, seine Ortskenntnis ausspielen und das Rennen anführen. Bis dahin lief alles genau nach Plan.


(photo credit: Janosch Abel)

Doch dann wurde all das durch ein Mechanical am Rad zerstört. Die Bremse am Hinterrad hat sich, warum auch immer verbogen, so dass die Hydraulikleitung seiner Bremse samt Bremse an der Scheibe geschliffen hat.

Er konnte diesen Schaden nicht beheben, ein neutraler Materialwagen war entgegengesetzt zur Ankündigung im Pro-Race-Meeting nicht aufzufinden. Also hat Sämi kurzerhand entschlossen, das Rennen dennoch irgendwie weiter durchzuziehen. Die Spitzengruppe hatte er bereits verloren, die nachfolgende Gruppe war noch lang nicht in Sicht, so dass er irgendwo dazwischen alleine auf weiter Flur und mit schleifender Bremse die 180km mit >2000hm immer noch in 4:33, aber mit 15min Rückstand auf die Führenden beendete. Als Coach hab ich kurzfristig darüber nachgedacht, ihm ein DNF nahezulegen, um Körner für ein weiteres potenzielles Langdistanzrennen in 2021 zu sparen. Ich hab den Gedanken aber relativ schnell wieder verworfen, da ihm dieses Rennen wirklich sehr viel bedeutet und gerade auch, weil die Laufform sehr stark im Vorfeld gewesen ist. Seine gesamte Support-Crew war der gleichen Meinung, also haben wir ihn richtig angepeitscht, um mit einem schnellen Marathon noch Plätze gut zu machen. Der Plan ging auf, mit einer brachialen Gewaltleistung gemäß dem Prinzip „whatever it takes“ hat er sich Platz um Platz nach vorne gearbeitet und wurde mit neuer persönlicher Marathon-Bestzeit (2:47) und Platz 7 belohnt.

(photo credit: Janosch Abel)

Ich bewundere ihn wirklich sehr für seinen unerschütterlichen Willen, seine Einstellung zum Sport („it’s all about racing“) und seine enorme Leidensfähigkeit.
Die Leistung war grandios, eine Podiumsplatzierung wäre an einem „normalen“ Tag in Reichweite bzw. sehr realistisch gewesen, wobei Jan van Berkel und Joe Skipper läuferisch an diesem Tag in ihrer eigenen Liga unterwegs gewesen sind.

Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass die Leistung wirklich gepasst hat, auch wenn die Ergebnisliste das nicht wirklich widerspiegeln kann.

True sportsmanship hat der verdiente Sieger Jan van Berkel gezeigt, wie man hier sehen kann.

(Quelle: Instagram)

sisu bedeutet in der wörtlichen Übersetzung Beharrlichkeit in ausweglosen Situationen. Wenn ein Sportler das am Sonntag verkörpert hat und wirklich die “best version of you” gewesen ist, dann Sämi!!

Danke, dass ich daran teilhaben durfte!