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Der sisu-training Blog

Das Wissen um die Wissenschaft

Man hört und liest immer wieder von wissenschaftlichen Ansätzen und Trainern mit wissenschaftlicher Arbeitsweise. Gerade in den letzten Jahren haben sich immer neuere Felder im Trainerwesen und neue Mess-Devices mit dem Versprechen der Leistungssteigerung im Sport etabliert. In diesem Zuge wird immer wieder erwähnt, dass sich all dies auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützt. Ich frage mich, ob wir alle von der gleichen Definition von Wissenschaft sprechen. Um alle Leser dieser Zeilen auf den gleichen Wissensstand zu bringen, möchte ich hier eine Definition zum Besten geben:

„Wissenschaft ist das Streben und die Anwendung von Wissen und Verständnis der natürlichen und sozialen Welt nach einer systematischen, auf Beweisen basierenden Methodik“.

Nach Lesen dieser Definition möchte ich Trainer, die mit einer wissenschaftlich orientierten Arbeitsweise hausieren gehen, hinter dem viel zitierten Ofen hervorlocken und zum Nachdenken mit folgenden Fragen anregen:

– ist deine Coaching-Philosophie wirklich wissenschaftlich begründet?
– was ist das Wissenschaftliche an deiner Arbeitsweise?
– aus welchen Quellen beziehst du deine wissenschaftlichen Kenntnisse?

Ich frage mich seit einigen Jahren, ob die Arbeitsweise eines Trainers wirklich wissenschaftlich begründet ist oder ob das Ganze nicht eher auf angewandter empirischer Beobachtung nach dem Trial & Error- Prinzip basiert. Die Handschrift eines Trainers entwickelt sich in meinen Augen unterschwellig mit dem im Traineralltag Gesehenen, Gehörten und Erlebten. Auf die Frage, nach welchen Prinzipien und Methoden gearbeitet wird, fällt es doch vielen meiner Trainerkollegen schwer, diese in Worte zu fassen. Zudem ist unser Gehirn voll von kognitiven Fehlleitungen und Denkmustern, die uns in unserer Entscheidungsfindung beeinflussen. So wundert es nicht, dass wir uns ganz nach dem Belohnungsprinzip eher auf die Suche nach Informationen begeben, die unsere bereits bestehenden Ansätze weiterhin untermauern, denn dadurch fühlt man sich weiterhin in seinem Handeln bestätigt. Doch ist das am Ende objektiv und wirklich wissenschaftlich? Wissenschaftlich fundiertes Wissen wird durch objektive und systematische Messungen und Daten und weniger auf Meinungen und Gefühle ermittelt. Dazu braucht es Experimente, eine kritische Auseinandersetzung und die Expertise von Fachleuten im jeweiligen Bereich. Machen all diese objektiven Maßnahmen die wissenschaftlich basierte Arbeit als Trainer denn wirklich besser? Die Antwort lautet, wie so oft im Sport: Kommt drauf an.

Hierzu sollte man immer wieder hinterfragen, wie es um die Qualität der wissenschaftlichen Evidenz bestellt ist. Teilweise werden Studien mit zu geringer Probandenzahl, Nicht-Sportlern, primär Männern etc. veröffentlicht, so dass man deren Aussagekraft in Frage stellen darf. Ein weiterer wichtiger Punkt an der Stelle ist die Fähigkeit, solche Paper richtig zu lesen, zu verstehen, diese zu interpretieren und am Ende auch noch in die Sportpraxis zu übertragen. Apropos Sportpraxis. Die meisten Studien und Versuche finden in kontrollierten Bedingungen oder im Labor statt und sind dabei meist reduziert auf einen zu untersuchenden Aspekt. Der Transfer dieser Ergebnisse in den viel komplexeren und unsteteren Alltag eines Sportlers ist nicht wirklich 1:1 gewährleistet. Das Leben mit all seinen Facetten erschwert die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse in reale Bedingungen signifikant.

Eine wissenschaftliche Terminologie zu nutzen bedeutet im Umkehrschluss nicht automatisch, dass man Wissenschaft auch anwendet!Für mich ist das oftmals eher eine Form von Augenwischerei.

In meiner Coachingwelt geht es nicht um ein unreflektiertes Anwenden wissenschaftlicher Kenntnisse, sondern um das Verknüpfen von Wissen, Erfahrung, Empirie und Empathie. All das soll am Ende eine Verhaltensänderung beim Sportler auslösen, so dass dieser für sein eigenes Handeln die richtigen und zielführenden Entscheidungen fällt.

Wissenschaft ist somit in meinen Augen eher als objektiver Motor zu verstehen, der das subjektive Entscheidungsvehikel antreibt. Wir sollten unsere eigenen Überzeugungen, die wir durch Erfahrung in unserem Coaching oder durch unsere eigenen Augen aufgebaut haben, nicht als weniger objektiv abtun als die Wissenschaft. Aber wir müssen immer aufgeschlossen sein und auch alternative Ansätze und unterschiedliche Standpunkte berücksichtigen. Um dies tun zu können, müssen intellektuelle Argumente verwendet werden, die manchmal durch wissenschaftlich fundierte Methoden unterstützt werden. Es bedeutet auch, wissenschaftliche Beweise nicht für bare Münze zu nehmen. Vielmehr müssen wir wissen, wie und warum die Wissenschaft in der realen Welt funktioniert. Schlussendlich müssen wir Beweise haben, die unsere Überzeugungen stützen.

Ich würde mir wünschen, dass wir einen etwas weniger inflationären Umgang mit dem Begriff Wissenschaft im Kontext Sport pflegen könnten und weniger vorschnell die Ergebnisse einer Studie für in Stein gemeißelt betrachten. Trainer, die vermeintlich nicht nach wissenschaftlichen Kenntnissen arbeiten, gelten schnell als old school und Kollegen, die sich Wissenschaft auf die Visitenkarte schreiben, als new school und innovativ. Keiner aus beiden Lagern ist besser oder schlechter per se, ein Schubladendenken ist irgendwie fehl am Platz.

Der Einsatz des Core Body Temperature-Sensors

Das Thema Hitze ist nicht nur für alle Sportler mit Wettkampfziel Kona oder Tokyo von Relevanz. Dank des Klimawandels haben wir es auch im europäischen Sommer mit zum Teil extrem hohen Temperaturen zu tun. Wenn man jetzt noch die Tatsache auf dem Schirm hat, dass ein sehr großer Anteil der aufgewandten Energie zur Muskelarbeit in Form einer Hitzeentwicklung im Athletenkörper verpufft, erkennt man die Gefahren einer zu hohen Körperkerntemperatur. Auf der anderen Seite bietet ein Training zur Hitzeadaptationen eine effektive Möglichkeit der Leistungssteigerung, Blutplasmavolumen und Hitzeresistenz lassen sich dadurch wunderbar steigern. Manche Trainer (ich sehe das auch so) sehen in der heat adaptation ähnliches Potenzial wie beim Höhentraining. War es bisher nur möglich, die Temperatur im Nachgang nach dem Training oder Wettkampf mittels Fieberthermometer und zu schluckender Thermometerpille, die zudem ein sehr kostenintensives Einweginstrumentarium darstellt, so kann man vom CORE Body Temperature wirklich von einem Gamechanger sprechen. Erstmals ist es möglich, mittels eines Sensors, der am Brustgurt des HF-Messers befestigt wird, in Echtzeit, also live während der Belastung, im Display seines Wahoo, Garmin oder Apple Watch die aktuelle Körperkerntemperatur angezeigt zu bekommen. Da die Technologie noch recht neu ist, stehen wir bzgl. des Einsatzes des CORE Sensors auch erst noch am Anfang der Reise.

Es gibt mittlerweile schon sehr vielversprechende Konzepte und Ansätze zur Nutzung der „neuen“ Metrik Körperkerntemperatur im Sport. Ich habe in den letzten Wochen und Monaten in erster Linie auch nur gemessen und Daten gesammelt, um Muster, Tendenzen und Rückschlüsse daraus ziehen zu können, um diese dann in einem Trainingskonzept zur Hitzeadaptation zum Einsatz zu bringen. Ich beschäftige mich schon seit mehreren Jahren mit dem Thema Natrium und Hydration im Triathlon, habe mehrere Hundert Tests zur Bestimmung der individuellen Natriumverlustmenge im Schweiß durchgeführt. Das Messen der Körperkerntemperatur ist der Baustein, der mir die ganze Zeit gefehlt hat, um ein Konzept mit dem Titel „beat the heat“ zu erstellen.

Ich möchte an der Stelle die ersten 3 Testreihen vorstellen. Alle Probanden haben im Vorfeld der Tests ihre individuelle Threshold Temperature mittels eines Heat ramp up-Test bestimmt. Hierbei wird der Temperaturverlauf, die Herzfrequenz und die Leistung in Watt gemessen und ergibt dann einen Punkt, an dem die Körperkerntemperatur (KKT) kritisch zu werden scheint.

1. Testreihe
Der erste Test wurde ohne konkrete Vorgaben gemacht, es galt erstmal nur Daten zu sammeln. Hierzu fuhren 4 Probanden zu Hause auf einem Wahoo KICKR unterschiedliche Programme mit komplett unterschiedlichen Intensitäten. Es wurden keine Vorgaben bzgl. der Raumumgebungstemperatur oder der Einstellung des genutzten Wahoo HEADWIND Ventilators gemacht. Die subjektive Belastung wurde angelehnt an die Borg Skala mit 1-10, wobei 1 für leicht und 10 für maximal steht, eingeschätzt. Die Verlustmenge an Schweiß wurde über Messen des Körpergewichts ermittelt, die aufgenommene Flüssigkeitsmenge ebenfalls festgehalten.

Conclusion:
Es konnten keine eindeutigen Muster erkannt werden.

2. Testreihe
Beim zweiten Test wurden die Vorgaben schon etwas konkreter erstellt. Die Raumtemperatur wurde auf mind. 25 Grad Celsius (die Luftfeuchtigkeit wurde leider nicht gemessen) festgelegt, der ziemlich geniale Wahoo HEADWIND kam nicht mehr zum Einsatz, eine Flüssigkeitsaufnahme während des Tests wurde „verboten“. Die Probanden sollten je 2 Tests mit einer definierten Leistung in Watt (82, 84 und 86% der FTP) fahren. Die Vorbelastungen vor den Testtagen wurden weitestgehend standardisiert, die Tests fanden 1x pro Woche statt. Die ersten 5min jedes Test wurden mit 68-70% der FTP gefahren, danach dann direkt auf die geforderten Watt erhöht. Dabei wurde jeweils der erste Test ohne vorherige Aufnahme von Koffein, der zweite Test dann mit Koffein in Form eines Sponser Aktivator mit 200mg Koffein 45min vor Testbeginn unterstützt. Die RPE wurde differenzierter, aber dennoch von 1-10 erfasst. Die Sportler führten ein randomisiertes Sodium Loading in Form von 750mg Natrium auf 500ml in den letzten 120min vor Testbeginn durch. Die beiden weiblichen Sportlerinnen nutzen Kontrazeptiva, so dass die Einflüsse des Menstruationszyklus schätzungsweise weniger gravierend ausfallen dürften. Die Zeit bis Erreichen der individuellen Threshold Temperature wurde genau wie die Schweißverlustmenge festgehalten.

Conclusion:
Die Einnahme des Koffein-Boosters scheint das Erreichen der kritischen Temperatur zu einem früheren Zeitpunkt zu beeinflussen. Ein kurzfristiges Sodium Loading führt offensichtlich zu besserem Schwitzen, die Schwitzmenge ist tendenziell höher und die „Abbruchtemperatur“ wurde später erreicht. Interessant ist der Punkt, dass über den Zeitraum von 6 Wochen offensichtlich bereits schon eine Form der Hitzeanpassung stattgefunden hat, denn bei intensiverer (86% FTP) Belastung hat sich teilweise die Zeit bis zum Erreichen der Threshold Tempeature verlängert.

3. Testreihe
Beim 3. Durchlauf wurde wieder 1x pro Woche ein Test durchgeführt. Dabei wurde 14tägig die Intensität wie beim 2. Test ebenfalls erhöht, das Warm up bestand wie im zweiten Test ebenfalls aus 5min mit 68-70% der FTP. Die Raumtemperatur wurde noch enger auf 26,0-27,0 Grad Celsius eingegrenzt, das Nutzen eines Ventilators war nicht gestattet. Bei jeder „Belastungsstufe“ wurde im Wochenwechsel ein Test mit Sodium Loading, ein Test ohne entsprechende Natriumzufuhr im Vorfeld absolviert, auf Koffein wurde in den letzten vier Stunden vor Testbeginn verzichtet. Sweat Rate und RPE wurden wieder festgehalten. Der Fokus dieser Testreihe lag auf der Beobachtung der Herzfrequenz. Hierzu wurde in Ruhe unmittelbar vor Trainingsbeginn, nach 10 und 30min die entsprechende Herzfrequenz notiert. Mit Erreichen der 30min-Marke wurde der Test abrupt beendet und die Probanden mussten für 10 weitere Minuten auf einem Stuhl bei geicher Raumtemperatur möglichst ruhig zu sitzen. 10min nach Ende der Einheit wurde ebenfalls HF und Körperkerntemperatur gemessen. Während dieser 10min durfte wie während des gesamten 2. und 3. Tests keine Flüssigkeit von außen aufgenommen werden.

Conclusion:
Auch im 3. Test scheint sich darzustellen, dass eine große Dosis Natrium im Vorfeld positiven Einfluss auf Herzfrequenz und Anstieg der Körperkerntemperatur hat. Ein Gewöhnungseffekt an die Hitze zeichnet sich ebenfalls leicht ab, wobei es zur Hitzeanpassung eigentlich mehr als 1 Session pro Woche bzw. auch das Anwenden passiver Hitze in Form von Sauna oder Warmwassserimmersion bräuchte.

Fazit:
Wie eingangs erwähnt, steckt der praktikable Nutzen des COREs noch etwas in den Kinderschuhen. Die 3 Reihen zeigen aber schon eine erste Tendenz, welche Faktoren ( Intensität, Natrium, Raumtemperatur) Einfluß auf das Ansteigen der Körperkerntemperatur haben könnten. Eine weitere Testreihe mit konkreten Vorgaben zur Hitzeadaptation hat meinen bisherigen Kenntnisstand zu diesem Thema bestätigt, die Ergebnisse möchte ich an dieser Stelle nicht veröffentlichen, das bleibt vorerst noch Betriebsgeheimnis.
Happy sweating!

2020- eine etwas andere Saison

Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende zu. Zeit, diese sehr seltsame Saison aufzuarbeiten und “Kassensturz” zu machen, denn trotz der Lockdowns und Rennausfällen gab es am Ende doch noch 128 Wettkampfleistungen zu würdigen.

Wir starten mit den harten Fakten, einige Highlights möchte ich rausstellen.
1X Europameister Duathlon durch Jörg Stehle
1x Europacup-Podium durch Scott McClymont
1x Weltcup- Qualifikation durch Scott McClymont
2x 70.3-WM-Slots durch Harald Mechler und Jörg Stehle
1x Langdistanz-Gesamtsieg durch Astrid Werner
usw.

Learnings aus 2020:
– Ziele sind extrem wichtig, um die Motivation hochzuhalten. Wenn man jedoch den Prozess bzw. die Leistungsentwicklung als Ziel versteht, kann die Trainingsarbeit auch bei fehlenden Wettkämpfen Spaß machen und produktiv sein
– Sportler sind Menschen mit unterschiedlicher Herangehensweise in Krisensituationen
– ein Trainingsplan kann Halt, Sicherheit und Struktur in einer völlig unübersichtlichen und chaotischen Situation geben
– schriftliche Kommunikation unterliegt 1:1-Gesprächen ganz klar
– nicht jede Trainingschallenge, die in den Sozialen Medien kursiert, ist für jeden Sportler geeignet bzw. generell als sinnvoll einzustufen.
– eine “etwas längere Leine”, also eine bewusst freiere Gestaltung des Trainingsplans durch den Athleten kann funktionieren, ist aber nicht bei jedem anwendbar, denn ansonsten artet das schnell in suizidales Gemetzel aus.
– Zugseil- bzw. Vasa-Training kann die Muskulatur des Schwimmens halbwegs aufrecht halten. Als grober Mittelwert würde ich 8-9Wochen Trainingszeit zum Wiedererlangen des schwimmerischen Vor-Lockdown-Niveaus einordnen
– HRV-Werte spiegeln das hohe Stressmoment in den Monaten April und Mai wieder
– Schwimmtraining hat nicht nur den Effekt der Leistungssteigerung im Wasser, sondern (durch den hydrostatischen Druck) eine regenerative Wirkung auf die Beinmuskulatur
– eine ungünstige Arbeitsplatzergonomie im Homeoffice kann zu haltungsbedingten orthopädischen Problemen führen

Zahlen aus der Trainerarbeit 2020:
– erhaltene emails (Stand 28.12.) 56789
– Anzahl der Zoom-Meetings: 377

Für mich persönlich war 2020 sehr ereignisreich. So konnte ich das Manuskript zu meinem Buchprojekt mit fast 400 Seiten Umfang fertigstellen und im Frühjahr unser Haus komplett entkernen, so dass wir dieses am 19.12. noch vor dem Jahreswechsel beziehen konnten. Im Januar konnte ich die Ausbildung zur A-Lizenz Langdistanz der DTU abschliessen und habe mich in der zweiten Jahreshälfte intensiv mit dem Thema Hitzeadaptation beschäftigt. Weil das alles nicht genug ist, haben wir im Oktober/November noch die Plattform von Xhale hin zu Today’s Plan gewechselt. Danke an Dennis März un Cameron Good für euren Support!
Ein weiteres persönliches Highlight stellen die Aufnahmen für den Coaches Corner-Podcast für Pushing Limits dar. Generell ist es sehr beeindruckend, wie man sich unter den Coaches in Deutschland austauscht, sich auch in der aktuellen Zeit unterstützt und gegenseitig hilft. Gerade in der Zeit des Social Distancing ist dieses Zusammenrücken eine wahre Wohltat.

Fazit:
Das Corona-Jahr 2020 stellt für alle Menschen eine immense Stressbelastung dar. Rennabsagen oder auch das mehrfache Verschieben der Renntermine sind für beide Seiten, also für Athlet und Trainer, problematisch, da die Planungsgrundlage komplett wegfällt und man gedanklich in eine Hab-Acht-Stellung zurückgehen muss. Wer es jedoch schafft, in solch einer Krisensituation auf die jeweiligen Herausforderungen zu reagieren und zu adaptieren und sich nicht vom eigentlichen Prozess der langfristigen Leistungsentwicklung abbringen lässt, wird solche Phasen mit Bravour meistern. Wer als Athlet seine Schwächen erkennt und die aktuelle Periode nutzt, um an seinen Defiziten zu arbeiten, wird gestärkt daraus hervorgehen. Reagieren und adaptieren haben seit je her das Überleben der Menschheit gesichert und genau so werden wir auch diese Krise, sowohl im Globalen als auch im Mikrokosmos Sport, meistern. Ich wünsche euch allen alles Gute für das kommende Jahr mit all den Herausforderungen, die es anzugehen gilt. Bleibt gesund!

Kill the hill Frankfurt 2020

Als Saisonabschluss nach einer nicht wirklich vorhandenen Rennsaison 2020 haben wir wieder einmal einen Trainingswettkampf der besonderen Art in Frankfurt durchgeführt. Unter strenger Einhaltung der Corona-Hygienerichtlinien haben sich heute über 20 Sportler zu diesem Lauf-Event am Frankfurter Lohrberg getroffen. Auf dem Menü standen 3 Streckenlängen zur Auswahl.
Kurzstrecke: 5x1000m
Mittelstrecke: 10x1000m
Langstrecke: 21x1000m

Klingt erstmal unspektakulär, wurde aber mit jeweils 50 Höhenmeter pro Durchgang über die exakt mit einem Jones Counter vermessene 1000m-Distanz gespickt. Ziel war es, in Summe die schnellsten Zeiten zusammenzubringen und rechtzeitig wieder auf kürzestem Weg (ca. 680m) wieder zum Ausgangspunkt zurück zu gelangen, denn des nächsten Intervalls erfolgte alle 11min.

Schnelle Zeiten in allen Formaten, viel Lachen, guten Stimmung und am Ende 35-36km für die Langstreckler rundeten das Ganze ab.
Wir planen eine Fortsetzung mit modizifiertem Wertungsmodus für Januar oder Februar.
Danke fürs Kommen und gute Besserung an alle, die krankheitsbedingt absagen mussten.
Train safe und happy Off seasoning
Mario

Remote Leistungsdiagnostik- geht das? Ja, mit dem Power Performance Decoder von INSCYD

Das Wissen um die Maximalen Laktatbildungsrate (Vlamax) stellt für mich eine Form des Heiligen Grals im Langzeitausdauerbereich dar, da dieser Wert indirekt die Kohlenhydratverbrauchsmenge widerspiegelt und Energiemanagement auf der Langdistanz bekanntlich von zentraler Bedeutung ist.
INSCYD mit dem Team um Mastermind Sebastian Weber ist nach Entwickeln eines sicheren Messverfahren der Vlamax, ein weiterer genialer Coup gelungen.

Mit dem Power Performance Decoder, kurz PPD, ist es erstmals möglich, präzise und vollumfängliche Aussagen zur Leistungsphysiologie eines Sportlers zu treffen, OHNE dass dieser den Diagnostiker überhaupt gesehen hat.Der PPD stellt ein virtuelles Testlabor dar und liefert in seiner Präzision gleiche Werte wie die bisherige INSCYD-Laktatdiagnostik!

Es werden mit diesem Testverfahren folgenden Parameter gemessen:
– maximale Sauerstoffaufnahme (Vo2max)
– maximale Laktatbildungsrate (Vlamax)
– Aufbau und Abbau von Laktat
– Fett- und Kohlenydratverbrauch
– Anaerobe Schwellenleistung

Hierzu braucht es kein aufwendiges Test-Equipment, kein Laktatmessgerät und keine Spiro-Maske, es reicht ein kalibrierter Powermeter oder ein Smarttrainer.
Für die Zwift-Jünger gibt es sogar einen entsprechenden Download des Protokolls, um den Test nahezu “idiotensicher” in der virtuellen Welt von Zwift zu absolvieren.

Der Sportler absolviert das Testprotokoll und zeichnet dabei seine Fahrt indoor oder outdoor mit entsprechendem Device im 1sek-Modus auf. Im Nachgang wird dieser File an den Diagnostiker per email übermittelt.
Klingt unseriös? Ist es aber auf keinen Fall, denn erstmals findet eine sog. Crossvalidierung von Vo2max, Vlamax und anaeroben Schwelle statt, so dass die Abweichung bzw. die Genauigkeit der ermittelten z.B. beim Parameter Vo2max bei +/-2,5% liegt, also absolut im gleichen Rahmen wie bei einer Laktatdiagnostik.
Zum ersten Mal machen Feldtests Sinn, denn die ansonsten so angesagten FTP-Tests liefern keine wirklich verwertbaren Infos zum Leistungsprofil des Athleten, da bei diesem meist 20minütigen Test die Stoffwechseldominanzen nicht abgebildet werden können. Wenn man nach solch einem Critical Power-Test dann noch versucht, Trainingsbereiche davon abzuleiten, ist man leider sehr oft sehr schnell auf dem Holzweg.
Der PPD bezieht bei der Bewertung des Sportlers, im Gegensatz zu anderen Testverfahren, auch das Geschlecht des Sportlers mit ein, denn Frauen sind ja bekanntermassen nicht “small men”.

Die Vorteile dieses Remote-Tests liegen auf der Hand:
– Testdauer nur ca 90min
– keine Anfahrtszeiten und zusätzliche Fahrtkosten, um den Diagnostiker aufzusuchen
– der Test kann indoor und outdoor durchgeführt werden
– keine Terminfindung, der Sportler bestimmt, wann er den Test durchführen möchte
– mit 179,- im Vergleich zu 259,- für eine herkömmliche INSCYD-Laktatdiagnostik geringere Testkosten, so dass man diese Form der Diagnostik aus finanziellen Gesichtspunkten öfters re-testen kann
– “COVID-19-kompatibel”

Der PPD läutet ein neues Zeitalter der Leistungsdiagnostik ein und fügt sich nahtlos ins Coaching-Konzept von sisu-training ein.
Weitere Infos zum Test und zum konkreten Ablauf gibt es hier.

Eliminate the guess!
Mario

Home Sweat Home


Nach längerem Experimentieren mit unterschiedlichen Testaufbauten, bin ich sehr glücklich, nun endlich einen Weg gefunden zu haben, den von Precision Hydration tausendfach erprobten Advanced Sweat Test nun auch als Selbsttest für zu Hause anzubieten.
Bisher lief das so ab, dass die Sportler zu mir ins Büro gekommen sind, ich mittels Sweat Inducer den Schweiß in Ruhe gewonnen habe und die Probe dann direkt im Anschluß in den sogenannten Sweat Analyzer zur Bestimmung des Natrium-Gehalts pro Liter Schweiß gebracht habe.

Der Test ist entsprechend ortsgebunden und ich bin zur Zeit noch in Deutschland als einziges Precision Hydration Test Center gelistet. Für manche Sportler ist der Weg nach Frankfurt dennoch zu weit, auch wenn die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit erkannt wurden. Bei Gruppenanfragen bin ich zuletzt immer wieder mit dem Analysegerät zu solchen Ortsterminen gefahren.

Ich hab in den letzten beiden Jahren immer wieder gedanklich an der „Entwicklung“ eines Heimtests gearbeitet, habe das aber zwischendurch immer wieder aus dem Focus verloren, dann jedoch aber mit etwas Nachdruck an der Sache zu Beginn des aktuellen Jahres weitergetestet. Mit Beginn der Corona-Krise haben sich meine Gedanken zu diesem Test nochmals verfestigt. Nach einigen Fehlschüssen hab ich nun eine Möglichkeit gefunden, sichere Werte mittels eines solchen Tests zu ermöglichen. In diesem Zuge habe ich auch zwei weitere Tests anderer Anbieter testen können, deren Ergebnisse lagen aber deutlich außerhalb des Wertebereich (1304mg +/-22mg pro Liter Schweiß) , den ich bei mir mehrfach selbst ermittelt habe.

Ich hab hierbei mit unterschiedlichen Techniken zur Gewinnung getestet, bin aber am Ende immer wieder zum Macroduct Collector zurückgekommen, denn der bietet die höchste Präzision und wird seit knapp 40 Jahren in der Medizin zur Diagnostik von Mukoviszidose eingesetzt. Um die gewonnene Probe sicher zu lagern, hab ich auch einige Möglichkeiten getestet, zu Beginn jedoch zu sehr um die Ecke gedacht. Die Lösung liegt ja meistens sehr nah, so dass ich eine sehr simple und anwenderfreundliche Möglichkeit gefunden habe.

Einige triviale Infos zum Thema Schwitzen, sowie eine Tabelle zur Berechnung der Schweissflussrate stehen ab sofort auf sisu-training.de zum Download bereit.

Das Test-Kit wird in der Kalenderwoche 17 fertig sein. Der Sportler bestellt sein Kit, macht den Test gemäß der dann beiliegenden Testbeschreibung und schickt dann über den beigelegten Rückumschlag möglichst zeitnah die Probe zurück an mich. Nach Auswertung der Probe erhält der Sportler sein Testergebnis, sowie einen Link zu einer ca. 30minütigen Präsentation mit tiefergehenden Infos zu den Themen Hyponatriämie, Hydration Strategie für Training und Wettkampf sowie eine Übersichtsliste zum Natriumanteil der gängigsten Energie-Gels.

Einige der Testaufbauten, die ich durchgeführt habe, findet ihr in den nachfolgenden beiden Tabellen. Leider hab ich einige nicht korrekt verlaufene Tests nicht dokumentiert (da sie ja eh nicht funktioniert haben), es müssten aber gut und gerne nochmals 8-10 derer gewesen sein.

Testserie Home Sweat Home (MSW)

Testserie Home Sweat Home: Probanden

Happy (home) sweating!

Ergebnis zur Befragung vom 26.3.2020

Letzte Woche hab ich um Teilnahme zu einer Befragung https://www.surveymonkey.de/r/CFJ8LZC  gebeten. Ihr seid sehr zahlreich dieser Bitte nachgekommen, dafür schon mal ganz großer Dank!!

Ich hab die Aussagen von euch mal ausgewertet und als Deadline Sonntag 29.03. 20.00 genommen.

Zu diesem Zeitpunkt haben 351 Sportler auf die 18 Fragen geantwortet.

Die in der Zusammenfassung stehenden Ergebnisse sind über alle Gruppen„drübergelegt“.

Ich hab mir das zwar für die jeweiligen Geschlechter, Altersgruppen und Leistungsklassen angeschaut, eine Zusammenfassung der Antworten und eine entsprechende Publikation würde aber aktuell leider etwas mein Zeitbudget sprengen.

Vielleicht kann ich das aber bei Gelegenheit nachreichen, versprechen kann ich es aber nicht.

Die Ergebnisse sind deckungsgleich mit meinen Erfahrungen aus zahlreichen Gesprächen der letzten Tage seit Einführung der „Corona-Maßnahmen“, die ich mit Sportlern führen konnte.

Der Grundtenor ist wirklich als nach vorne blickend und positiv zu bewerten. Die meisten Triathleten aus der Umfrage scheinen demnach ihren Sport wirklich aus Liebe zur Bewegung und dem Sport per se zu betreiben. Dabei scheint eine Wettkampfteilnahme (interessanterweise auch für die an der Befragung teilnehmenden Profi-Sportler) nicht der Hauptgrund für ihren Verbleib im Triathlon zu sein.

Ich möchte gar nicht so sehr auf die einzelnen Punkte eingehen, die kann jeder gerne für sich selbst interpretieren. Ein Punkt freut mich jedoch persönlich sehr und zwar die Antwort auf Frage Nr. 13. 

Meine „Aversion“ gegen aktuell inflationär gezeigte Trainingsvideos scheint bei den meisten Sportlern durchaus auch zuzutreffen.

Ich hoffe, ich konnte mit dieser Umfrage nicht nur meinen Wissensdurst stillen, sondern insbesondere dazu animieren, dass ihr euch mal mit euch und eurer Motivation für den schönsten Sport der Welt auseinanderzusetzt. Wenn ihr wirklich wisst, was euch antreibt, woher ihr eure Freude bezieht und was euch wichtig im Triathlon ist, werdet ihr leichter durch die aktuelle Phase kommen.

Ergebnisse Umfrage Triathlon in Zeiten von Corona

Bleibt gesund, haltet Abstand, verliert nicht den Spaß am Sport!!

Danke!!

Mario

Saison 2020- gibt es diese eigentlich noch?

Die Rennabsagen durch das Corona-Virus mehren sich, nahezu jeden Tag bekomme ich Nachrichten von Sportlern, dass ihre Rennen auf den Herbst verschoben oder ganz abgesagt wurden. Mir tut das in der Seele weh, denn ich weiß genau, wie viel Einsatz, Herzblut, Zeit und letztendlich auch Geld bisher für eben diese Wettkämpfe aufgebracht wurden. Jeden Tag seh ich Wettkampfträume wie die viel zitierten Seifenblasen zerplatzen und ich würde lügen, wenn ich sage, dass mir das nicht sehr nah geht.

Aus den Tagebucheinträgen der letzten 10-14 Tagen konnte ich entnehmen, dass die Motivation und der Focus für wettkampfzielorientiertes Training etwas abhanden gekommen sind. Eine Tatsache, die mehr als nachvollziehbar ist, zumal der Sport irgendwie gedanklich auch etwas in den Hintergrund rückt. Die Angst und Ungewissheit um Gesundheit, Arbeitsplatz und finanzielle Verluste beschäftigen uns alle nahezu 24 Stunden am Tag. Ich hab daher die Prämisse ausgegeben, eher nach dem Lust und Laune-Prinzip für ein bis zwei Wochen zu trainieren, um den Kopf frei zu bekommen.

Für mich als Planungs-Nerd mit Fetisch für Tabellen ist diese Ungewissheit bzgl. stattfindender oder abgesagter Renntermine auch ein Super-GAU. 

Doch wie soll man denn nun in der aktuellen Situation weitermachen?

Ich hab mir darüber ziemlich den Kopf zerbrochen und mit einigen anderen Trainern beratschlagt. Die Solidarität unter den Trainern ist vorhanden, da gibts kein Konkurrenzdenken, man versucht sich gegenseitig zu helfen, das ist schön zu sehen.

Wir können uns nicht gegen die Maßnahmen der Regierung widersetzen, müssen demnach Absagen „schlucken“, das ist schwer genug. Doch auf der anderen Seite eröffnen sich auf einmal ganz neue Felder. Der Druck, jetzt ganz diszipliniert auf einen Tag X die Form zuzuspitzen, ist auf das Erste vertagt, da wir nicht genau wissen, wann die Wettkämpfe wirklich wieder stattfinden werden. Das soll jetzt nicht bedeuten, dass man den Rest des Jahres seine sportlichen Ambitionen ad acta legt. Ich seh das eigentlich als Chance, mal ohne zeitlichen Druck ganz präzise an Schwächen zu arbeiten. Schwächen, die im sonstigen Trainingsprozess teilweise zu kurz kommen, da die Zeit bei vielen Athleten knapp ist und man dann doch eher an den Basics arbeiten muss und als Trainer abwägt, was jetzt wichtiger und erfolgsversprechender als Maßnahme zu bewerten ist. Ohne das zu verniedlichen, könnte man den Begriff der Triage, der in den Medien kursiert, also das Abwägen der Mediziner, welche Patienten noch Hilfe bekommen und welche aufgegeben werden, auch im übertragenen Sinn im Trainingsprozess anwenden. Ich hoffe, ihr verzeiht mir das Wortspiel Tri-age , mein allergrößten Respekt an alle, die jetzt aktuell in den Krankenhäusern arbeiten müssen!

Solche Schwächen können u.a. sein:

Schwimmtechnik

Lauftechnik

Sitzposition/ Aerodynamik

Handling Skills auf dem Rad

Rumpfkraft

Beweglichkeit

Alltagsernährung

Wettkampfverpflegung

Körpergewicht

Mentale Stärke

Grundschnelligkeit

Ausdauer/ Fettstoffwechsel

Kraft/ Kraftausdauer

 

Da die Renntermine, sofern sie in 2020 noch stattfinden sollten, nicht mit 1 Woche Vorlauf verkündet werden, sondern auch einen gewissen zeitlichen Vorlauf haben, besteht aktuell in meinem Augen auch keine dringende Notwendigkeit, weiterhin an der Langdistanzform zu arbeiten. Ich denke, es ist besser, wenn man sich gedanklich im Trainingsprozess an den Inhalten des zurückliegenden Winters orientiert. Radeinheiten von 3h Dauer auf der Rolle machen in meinen Augen aktuell genauso wenig Sinn wie viel Zeit im Bereich der Schwellenleistung zu verbringen. Da ihr alle ordentlich über den Winter gearbeitet habt, reichen 6-8 Wochen wirklich langdistanzspezifisches Training aus, um die Form für ein Rennen zuzuspitzen. Ich würde die aktuelle Zeit eher als Möglichkeit sehen, die allgemeine Fitness zu verbessern. Dazu zählt mit Sicherheit das Training der Rumpfstabilität und der Beweglichkeit. Warum jetzt permanent in den Sozialen Medien Home Fitness-Videos gepostet werden, ist für mich schleierhaft. Noch könnt ihr alle an der frischen Luft (alleine!!!) aufs Rad oder die Laufschuhe schnüren. Aktuell fällt „nur“ das Schwimmen weg. Das Zugseiltraining kann fehlendes Wasser nur bedingt ersetzen, bei falscher Bewegungsausführung (sieht man leider auch bei 70-80% aller Zugseilvideos im Netz) und zu viel Volumen besteht eine immense Überlastungsgefahr für die Schulter. Bitte nicht das zeitliche Volumen des ausfallenden Schwimmtrainings 1:1 mit dem Zugseil oder Vasatrainer ersetzen!!!

 

@dudewithsign

Als gewissenhafter Athleten macht ihr alle regelmäßig Athletik-und Mobility-Programme. Auch hier gibt es aktuell keine Notwendigkeit, undifferenziert jede Challenge, die auf Instagram oder Facebook gezeigt wird, mitzumachen. Ich lese jetzt schon gehäuft von Muskelkater und Erschöpfung in den Trainingstagebüchern. Ihr solltet nicht panisch werden, weil es aktuell keine Wasserflächen gibt und blind jedes Home Fitness-Video nachtrainieren. Ihr haltet durch die beiden „Landdisziplinen“ das Herz-Kreislaufsystem und den Stoffwechsel auf Schwung. Das bewusst kontrollierte und eingesetzte Zugseiltraining reicht in meinen Augen aus, um die schwimmspezifische Kraft zu konservieren. Die inflationäre Teilnahme an Zwift Races seh ich ebenfalls als kritisch zum aktuellen Saisonzeitpunkt, denn die Gefahr, dass man seinen Leistungspeak zu früh erreichen wird, ist dadurch sehr hoch. Zwift ist ein nettes Tool, aber eigentlich nur Mittel zum Zweck. Und ja, man kann auch im Jahr 2020 immer noch auf der Rolle ohne Zwift trainieren!!

Ist schon interessant zu sehen, zu was für seltsamen Dingen machen Athleten tendieren, wenn ihre gewohnte Struktur zerfällt. Ein Marathon auf einer 300m-Runden auf einem Hotelgelände auf Mallorca verursacht bei mir schlichtweg Kopfschütteln genau wie 6h auf Zwift bei wunderbar frühlingshaften Temperaturen mit weniger Abgasen und noch nicht verordneter Ausgangssperre. 

Ich wurde bereits von einigen Sportlern angesprochen, ob ich in der aktuellen Phase nicht auch Videos veröffentlichen möchte. Ich hab mich ganz bewusst dagegen ausgesprochen. Die Welt steht still, die Gesellschaft fährt runter, alles entschleunigt sich. Die grassierende Tatsache, dass Bildsprache heute dominiert und immer weniger geschrieben und gelesen wird, stört mich zusehends. Ich denke, dass die momentan entschleunigte Zeit eher dazu genutzt werden sollte, das Lesen wieder neu zu entdecken. 

Ich denke, dass ein weiterhin strukturiertes Trainingsprogramm, wenn auch ohne fixes Wettkampfdatum, Athleten eine gewisse Normalität vermitteln kann. Menschen und insbesondere Triathleten, die ich als sehr diszipliniert und strukturliebend kategorisiere, brauchen einen solchen roten Faden. Darüber hinaus sorgt ein strukturiertes Training für den notwendigen Ausgleich, zur Balance und zum Stressabbau. Ausserdem sorgt ein absolviertes Training für das gute Gefühl, etwas geschafft zu haben, etwas, was man in der aktuellen Zeit des Kontrollverlustes noch selbst kontrollieren kann. Interessanterweise zeigt sich der Stress seit Ausbruch der Corona-Krise und der damit verbundenen Angst in den HRV-Werten vieler Athleten recht deutlich. Training hat nicht nur eine rein physische Komponente, es spiegelt sich auch in mentaler Hinsicht, sorgt für mehr Ausgeglichenheit und kühlen Kopf, den wir in dieser Krise alle brauchen. Die Krise gibt Sportlern auch die Möglichkeit, sich selbst zu hinterfragen. Ich seh das wirklich als Weckruf, sich mal mit seiner Motivation zu beschäftigen.

Warum machst du den Sport?

Was treibt dich wirklich an?

Was sind die wirklichen Beweggründe?

 Was macht mir wirklich Spaß am Triathlon?

Was fehlt mir, wenn ich keine Rennen in 2020 bestreiten werde?

Welche Trainingseinheiten machen dir besonders viel Spaß?

 

Die Beziehung zwischen Sportler und Trainer wird in dieser Zeit noch wichtiger, denn die Zielsetzung des Sportlers ändert sich durch den Wegfall der Wettkampfziele. Ein Trainer kann in dieser Zeit helfen, durch diese Situation zu navigieren, zu motivieren, die Schwächen zu analysieren und entsprechend daraus ein Alternativprogramm ausarbeiten. 

Ok, es gibt noch keine sicheren Renntermine, aber der Sport als solches existiert ja weiterhin. Ich seh mich eher in der Funktion, Sportler auf dem Weg der Leistungsentwicklung zu begleiten, damit sie ihre „best version“ werden. Der Trainingsprozess ist für mich das Entscheidende, die Wettkämpfe eigentlich nur die Bestätigung der Entwicklung, wenn eine Zeit oder Platzierung schwarz auf weiß in der Ergebnisliste steht. 

Ich kann den Motivationsverlust nachvollziehen, denke aber, dass bei genauerer Betrachtung Wettkämpfe nur das i-Tüpfelchen darstellen und es ja eigentlich um die Freude am Sport per se geht. Wettkämpfe wird es wieder geben, bleibt die Frage, wann das sein wird. Ich kann dazu auch keine Prognosen abgeben, auch wenn ich dazu immer wieder gefragt werde. Wenn ihr jetzt gedanklich bereit seid, einen vermeintlichen Schritt im Training zurückzugehen und das wirklich nicht als Rückschritt, sondern eher als erneutes Anlauf nehmen, versteht, werdet ihr auch durch diese Zeit kommen. Wer seine Schwächen erkennt, daran arbeitet, sich nicht vom Ziel abbringen lässt, auch wenn dieses vorerst in ungewisse Ferne gerückt ist, wird eine sehr gute Chance haben, physisch, triathletisch und mental gestärkt aus der Situation hervorzugehen. Ich kann nur insistieren, dem Sport nicht den Rücken zuzudrehen, sondern am Ball zu bleiben. Das bis hierhin erarbeitete Leistungsniveau in die Tonne zu treten, wäre in meinen Augen nicht der richtige Weg. Wer sein aktuelles Niveau hält, seine bereits angesprochenen Defizite abstellt, wird nicht nur körperlich, sondern insbesondere auch mental, durch diese Phase kommen.

Nur nochmals zur Erinnerung, für was sisu eigentlich steht

Geht in euch, fragt euch selbst, warum ihr den Sport eigentlich macht und nutzt die Krise eher als Chance, bleibt positiv und verliert euren Humor nicht.

Alles andere können wir nicht kontrollieren und müssen es auf uns zukommen lassen.

Change the path, not the destination!!!

Passt auf euch auf!

Mario

Triathlon in Zeiten in Corona. Was bewegt die Sportler aktuell?

Die aktuelle Situation ist äußerst schwierig. In bisher unzähligen Gesprächen mit Sportlern und anderen Coaches ist die Ungewissheit und die Planungslosigkeit wohl das größte Problem. Ohne fixe Ziele und Wettkämpfe schwindet auf beiden Seiten oft die Motivation. Für alle, die im Sport als Profi-Athlet, Coach, Bikefitter, Diagnostiker etc. tätig sind, stellt der Ausbruch des Virus eine zum Teil existenzielle Gefahr dar. Da es für diese Krisensituation keine Blaupause gibt und wir alle die Situation permanent neu bewerten müssen, hab ich mal eine Umfrage erstellt, um einen Überblick zur Gefühlswelt der Triathleten in der aktuellen Zeit zu bekommen. Ich würde mich freuen, wenn ihr diese Umfrage mit Trainingspartner, Freunde und Vereinskollegen teilt, damit man eine möglichst große Menge an Meinungen erfasst bekommt.

Umfrage

Bleibt positiv, es wird auch wieder bessere Zeiten mit Wettkämpfen geben, denn wie der große Frankfurter Philosoph Dragoslav “Steppi” Stepanovic bereist vor einigen Jahren wusste: Lebbe geht weider!!

Passt auf euch auf!

Mario

Verhaltensregeln für Outdoor-Training in Zeiten von Corona

Die Lage ist ernst und ihr solltet wirklich ganz genau überlegen, ob ein Training outdoor aktuell Sinn macht. Ich verstehe, dass ihr bei dem frühlingshaften Wetter gerne an der frischen Luft trainieren wollt, #flattenthecurve ist aber aktuell wichtiger, um eine Ausgangssperre zu vermeiden und 

Wenn ihr unbedingt draussen trainieren möchtet, dann bitte folgende Verhaltensregeln peinlichst beachten:

  • Training nur alleine und auf keinen Fall in Gruppen
  • beachtet, dass Speichel und Nasensekret (insbesondere auf dem Rad) durch die Bewegung sich mit deutlich größerem Radius verbreiten
  • ausreichend Getränke und Riegel/Gels mitnehmen, um möglichst nicht anhalten zu müssen
  • KEINE Stops an der Tankstelle oder Eis-Cafe
  • Einweghandschuhe mitführen, um bei unvermeidbarem Kontakt mit Mitmenschen geschützt zu sein
  • DIREKT nach dem Training Hände waschen

Die Situation ist dramatisch, ihr müsst alle euren Beitrag leisten, um das Virus einzudämmen. Es sind KEINE Corona-Ferien und schon gar kein Corona-Trainingslager!!!

Train safe!
Mario